Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)
SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Erwägungen über die Strafe, mit besonderer Hinsicht auf die Todesstrafe - katholisch Betrachtet
54 GÉZA KUMINETZ Grundlage und des Ziels von ihr sind sie unterschiedlicher Meinung. Die Rechtsgrundlage sucht die Antwort auf die Frage, woher die Staatsmacht das Recht zur Auferlegung der Strafe hat, während der andere berufen ist, das Ziel der Strafe zu zeigen.28 Diese Probleme sind beinahe so alt wie die Wissenschaft des Strafenrechts.29 Der Rechtsgrund und das Ziel der Strafe ist zum Teil die Vergeltung, zum Teil die Abschreckung, zum Teil die Besserung, zum Teil die Vorbeugung. Die Abschreckung, Vorbeugung und Bessemng verlangen nicht unbedingt die handelnde Einwilligung des Täters oder eines Bürgers, weil diese Einwirkungen auch so betrachtet werden können, als auf den Willen des Schuldigen ausübende Drücke. Auch die Vergeltung verlangt notwendigerweise keine ähnliche Zusammenarbeit des Täters in dem Falle, wenn die Vergeltung nicht als Rechtspflege sondern als Selbstschutz der Gesellschaft aufgefasst wird. Falls jedoch die Vergeltung als Vollstreckung der Rechtspflege aufgefasst wird, setzt das dann den freien Willen voraus. Wenn wir das Strafrecht als Schutz der moralischen Ordnung betrachten (und wir betrachten es auch so), setzt dann das Strafrecht ebenfalls die Freiheit des Willens voraus. In einem bestimmten Sinne war auch das alte Strafrecht eine (moralische) Rechtspflege, das, obwohl es die schuldlos begangene Handlung bestrafte, erlegte es trotzdem eine schwerere Strafe für das absichtlich oder aus Fahrlässigkeit begangene Verbrechen auf.30 Wenn es heute, im Zeitalter der zivilisierten Gesellschaften begründet werden muss, warum und zu welchem Zweck jemandem eine Strafe gebührt, muss nicht so sehr die Tatsache des Eingreifens von strafendem Charakter begründet werden, weil das sich von selbst versteht, sondern „die Voraussetzung und der Umfang des Eingreifens verlangt eine theoretische Begründung. Und es entsteht die folgende These: „Der Anspruch des Staates auf die Strafgewalt kann sich ausschließlich aufgrund der ethischen Grundlage der Verantwortung durchsetzen”.31 Die Rechtsgrundlage der Strafe weist darauf hin, durch welches Recht der Staat Strafen auferlegt, was mit der Idee und dem Ideal über den Staat im Zusammenhang steht:32 Bezüglich der Grundlage und des Ziels der Strafe gibt es drei theoretische Grundstellungen: a) die absoluten Theorien betrachten die Gerechtigkeit, b) die relativen Theorien die Nützlichkeit und c) die vereinigenden oder gemischten Theorien sowohl die Gerechtigkeit33 als auch die Nütz28 Vgl. Cathrein, V., Erkölcsbölcselet [Moralphilosophie], II. Temesvár 1900, 619. 29 Vgl. Hacker, E., Bevezetés a büntetőjog bölcseletébe [Einführung in die Philosophie des Strafrechtes], Pécs 1924. 1. 30 Vgl. Notter, A., A szabadakarat [Der frei Willen], Budapest 1908. 87-88. 31 Vgl. Földvári, J., Magyar büntetőjog. Általános rész [Ungarisches Strafrecht. Allgemeiner Teil], Budapest 2003. 236. 32 Vgl. Földvári, J., Magyar büntetőjog. Általános rész, 235. 33 Wir sollen nicht vergessen, dass die Tugenden auf drei verschiedene Weisen funktionieren können: als Prinzip, Norm und Tätigkeit.