Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Erwägungen über die Strafe, mit besonderer Hinsicht auf die Todesstrafe - katholisch Betrachtet

52 GÉZA KUMINETZ nicht nur ein Gefühls- sondern auch ein Verstandselement, damit man im Leben bleiben und die zum Leben notwendigen Güter schützen kann.24 Am Anfang gewährte nur die Eigenmacht zu den sogenannten Rechtsverletzungen Schutz, und zwar in zwei Formen: „als Schutz (später als berechtigter Schutz) und als Anfall (sein Name als Rechtsbegriff heißt Selbsthilfe). Zu diesem let­zteren gehört die Rache als Mittel der Vergeltung. Die beschirmende Bedeu­tung der Rache besteht hauptsächlich in der auf die Zukunft gerichtete Präven­tion, die durch die auf die Vergangenheit gerichtete Repression (Vergeltung) den Ausfall der Wiederholung der beleidigenden Handlung erzielt. (...) Die Rache ist die erste Äußerung des Rechtsgefühls. (...) Auf einer bestimmten Kulturstufe war das Recht auf die Rache die am vollkommensten realisierbare Rechtsschutzordnung. (...) Das Leben des Rechtes äußert sich darin, und nicht die Barbarei”.25 Die zweite strafrechtliche Idee ist die Einbeziehung der Gott­heit in die Rechtsprechung, und diese Auffassung zeigt, zwar auf abergläubi­sche Weise, dass nicht der Mensch Herr von Leben und Tod ist, sondern letzten Endes ist Gott, der jedem nach seinem Verdienst zahlt, und dass er allein der gerechte Richter ist. Da dieses Strafsystem Grausamkeiten und Launenhaf­tigkeit zur Folge hatte, wurde es durch die vom Fürsten vollgezogene Recht­sprechung übernommen. Das schließt auch ein wichtiges Element zum The­menkreis der Strafe, weil Gott einige unter den Menschen bemächtigt hat, die Rechtsprechung vollzuziehen. So wurden die Staaten indirekt durch das Naturrecht und die Pastoren der Kirche unmittelbar durch das positive göttliche Recht dazu bevollmächtigt. Da der Fürst seine Macht de facto despotisch aus­übte, bereitete er dem Prinzip des Humanums Platz, welches verlangte, dass die Anordnung und Auferlegung der Strafe gerecht und geregelt wird. Die Grausamkeit wurde durch Menschlichkeit, die Abschreckung durch die Besserang und Pflege, die Willkür durch Mäßigung und der Despotismus durch Sicherung der persönlichen Freiheit gewechselt. Zu dieser Zeit entstanden die Prinzipien der Gleichheit vor dem Gesetz und die Prinzipien nullum crimen sine lege und nulla poena sine lege praevia, die auch heute in Kraft sind. Zu dieser Epoche kommt das Strafrecht vollkommen und ausschließlich unter staatliche Kontrolle. Nicht einmal dieses reformierte Strafrecht erzielte jedoch das erwartete Ergebnis, und die Kriminalität nahm zu. deshalb war die nächste Station das Prinzip der Individualisierung. Diese Auffassung berücksichtigte die äußeren und inneren Faktoren der Schuldigkeit, die Lebenssituation des Täters, die Motive seiner Tat und auch das Grad seiner Anrechnungsfähigkeit. Nun wird nicht mehr die Vergeltung das heißt die Durchsetzung der Gerechtig­keit betont, sondern der Schutz der Gesellschaft und ihrer Mitglieder, ein­24 Ein Zeichen für das Wirken des Verstandes, wenn er die entsprechende Gelegenheit erwartet und sieht, die Kräfte unterlegt und potentielle Verbindeten sucht. Vgl. Hadik, B., A bosszú, mint jogvédelmi eszköz, 11. 25 Vgl. Hadik, B., A bosszú, mint jogvédelmi eszköz, 17-18.

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