Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)
SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Erwägungen über die Strafe, mit besonderer Hinsicht auf die Todesstrafe - katholisch Betrachtet
41 ERWÄGUNGEN ÜBER DIE STRAFE, MIT BESONDERER HINSICHT... Auch wenn die Worte von Frigyes Karinthy ein wenig übertrieben sind, können wir seinen scharfen Augen und seiner eindrucksvollen Schriftstellerkunst auch heute noch viel verdanken, wenn wir uns bezüglich der Strafe und Todesstrafe eine gesunde Auffassung aneignen wollen:3 Ich will nicht, aber ich könnte auch nicht von den vielen Zielen der Strafe sprechen - an die Theorien der Beispielgabe, Verbesserung oder Absonderung glaubt heute niemand mehr so ernst, wie sie von der modernen Rechtswissenschaft gefasst wird. Nur auf eine Erscheinung möchte ich die Aufmerksamkeit des Sachkundigen lenken - auf die Unregelmäßigkeit, die heute zwischen der Sünde und Sühne besteht, mal bezüglich der Sünde, mal bezüglich der Sühne. Heute hat die Vergeltung nur ein einziges Mittel: die Freiheitsstrafe, infolgedessen kann auch die vielerlei Tugend nur ein einzige Belohnung haben: die Freiheit. Die Strafe ist - was die Qualität betrifft - immer dieselbe, sie schätzt die Sünde nur bezüglich der Quantität, obwohl die Sünde auch bezüglich der Qualität hunderte Arten hat. Wir messen die Zeit mit Meter, und den Raum mit Stunden. Wenn ich die Zähne meinem Mitmenschen aus Wut oder Bosheit ausschlage, erhalte ich dieselbe Strafe, als ob ich ihm die Taschenuhr gestohlen hätte. Wie auch wir drehen und wenden, ist der Zweck der Bestrafung, die Neigung der Menschen zum Verbrechen zu verdrängen. (...) Die ausschließlich auf Freiheitsstrafe basierende vergeltende Justiz muss jetzt mindestens modifiziert werden, weil die Gerechtigkeit an der Front auf eine ganz andere Weise geübt wird. (...) Die strafende Justiz muss reformiert werden, aufgrund des Prinzips „Auge für Auge, Zahn für Zahn”. Wer eine Sünde begeht, soll mit dem Leid gesündigt werden, das er mit seiner Sünde den anderen verursacht hat: das ist die einzige Möglichkeit, dem Verbrecher die Bedeutung der Sünde verständlich zu machen. Vergeblich sperrst du für Jahre den Brand stiftenden Piromaniaker, er wird nie verstehen, was er begangen hat. Aber bring ihn zum brennenden Haus und verbrenne ihm die Hände; er wird das Feuer kennenlernen und vor ihm hüten. Die Bestrafung der Stockhiebe muss wieder eingeführt werden - die Alten haben die menschliche Natur besser gekannt. Wer seinen Mitmenschen geprügelt hat, muss geprügelt werden. Wenn du ihn einsperrst, wird er in seinem Gefängnis verfluchen, in ihm häuft wilde Bitterkeit und ein unvernünftiger, tierischer Hochmut an; er wurde nämlich eingesperrt, denn er war stärker als der andere, als seine Richter - er ist eingesperrt, weil man Angst vor ihm hat. Prügelt ihn und er wird demütig sein; wenn jemand mit dem Kopf nicht versteht, dass er mit den anderen nicht tun kann, was er sich selbst nicht wünscht, macht ihm mit dem Körperteil verständlich, der sich auf der hinteren Seite befindet. Mit einer entsprechenden Lehre ist das ein sehr vernünftiger Körperteil, ein jeder erinnert sich an ihn aus seiner Kindheit. Der Heilungspro3 Vgl. Karinthy, F., Bűn és bűnhődés [Sünde und Sühne], in Karinthy, F., Krisztus és Barabbás (Háború és béke) [Christus und Barrabas (Krieg und Frieden)], Budapest 1915. 127-131.