Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)
IUS CANONICUM - Elmar Güthoff, Der vordem Staat erklärte Austritt aus der Kirche in Deuschland angesichts von Entscheidungen und Verlautbarungen aus dem Jahr 2012
FOLIA THEOLOGICA ET CANONICA (2013) 239-249 Elmar Güthoff DER VOR DEM STAAT ERKLÄRTE AUSTRITT AUS DER KIRCHE IN DEUTSCHLAND ANGESICHTS VON ENTSCHEIDUNGEN UND VERLAUTBARUNGEN AUS DEM JAHR 2012 I. Der Ausgangspunkt; II. Die jüngste Rechtsprechung der staatlichen Gerichte, 1. Der modifizierende Kirchenaustritt auf dem Hintergrund eines brisanten Falles, 2. Das Urteil des Verwaltungsgerichtes aus dem Jahr 2009,3. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Jahr 2010, 4. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahr 2012; III. Die Rechtsauffassung der deutschen Bischöfe, 1. Die zumindest bis 2006 vorherrschende Auffassung, 2. Das allgemeine Dekret der Deutschen Bischofskonferenz aus dem Jahr 2012, a) Verbot des Sakramentenem- pfanges, b) Unfähigkeit zur Bekleidung von Ämtern und zur Wahrnehmung von Funktionen, c) Unfähigkeit zur Patenschaft, d) Unfähigkeit zur Mitgliedschaft in Räten, e) Verlust des Wahlrechts,/) Unfähigkeit zur Mitgliedschaft in öffentlichen Vereinen, g) Verweigerung des Begräbnisses, h) Eintreten der im Dienstrecht vorgesehenen Folgen, i) Widerruf von nihil obstat und mis- sio canonica; IV. ABSCHLIEßENDE Bewertung. I. Der Ausgangspunkt Aus der Sicht der Kirche gibt es keinen Austritt aus der Kirche. Die Kirchengliedschaft wird mit der Taufe sakramental begründet und ist unverlierbar. Es gilt der Grundsatz „semel catholicus semper catholicus“. Die kirchlichen Gliedschaftsrechte sind als solche unverlierbar; die Ausübung dieser Rechte kann allerdings eingeschränkt werden. Dies kann strafrechtlich oder disziplinarrechtlich erfolgen. Der religiös neutrale Staat gewährt Religionsfreiheit. Hierzu zählen die positive und die negative Religionsfreiheit. Niemand muss aus der Sicht des religiös neutralen Staates einer Religionsgemeinschaft angehören. Aus der Sicht des Staates muss es daher möglich sein, dass jemand die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft beendet. Eine solche Beendigung der Mitgliedschaft kann allerdings nur für den staatlichen Bereich Bedeutung haben. Die innerkirchlichen Gliedschaftsrechte werden dadurch nicht berührt. In Deutschland hat die Kirche den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts1. Als solche kann sie von ihren Mitgliedern eine Steuer erheben (sog. 1 S. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV.