Folia Theologica et Canonica 2. 24/16 (2013)

SACRA THEOLOGIA - Zoltán Rokay, Die „Religionsphilosophie” Johann-Gottlieb Fichtes. Ihre Hintergründe und ihre Aktualität

122 ZOLTÁN ROKAY VII. „Über den Grund unseres Glaubens an eine göttliche Weltregierung” Über den Ablauf der Ereignisse sei nur ganz kurz gesagt, es geht um folgendes: K. Friedrich Forberg schrieb einen Aufsatz mit dem Titel: „Die Entwicklung des Begriffes der Religion” (1798) für „Philosophisches Journal einer Gesell­schaft teutscher Gelehrten”, und reichte ihn bei Fichte ein. In dem Aufsatz geht es darum, die Religion sei der praktische Glaube an die moralische Weltord­nung. Forberg war nicht bereit die Modifikation vorzunehmen, welche Fichte vorgeschlagen hat. Darum schrieb Fichte ein eigenes Vorwort dazu: „Über den Grund unseres Glaubens an eine göttliche Weltregierung”. Darin entwickelt Fichte seinen Standpunkt ganz im Sinne seiner Wissenschaftslehre (und der Kritik der reinen Vernunft von Kant) über die Substanz und Substantialität Gottes, was Fichte als „Ding” versteht, und deshalb für unmöglich hält. Das Er­gebnis war die Konfiskation des Philosophischen Journals. Fichte und Niet- hamer, als Herausgeber wurden zur Verantwortung gezogen. Fichte ging (unter nicht ganz geklärten Umständen) von Jena weg.98 In seiner Schrift behauptet Fichte: „Der entscheidende Punkt, auf den es bei dieser Beantwortung ankommt, ist der, dass jener Glaube durch dieselbe (Vernunft - R. Z.) nicht vorgestellt werde als eine willkürliche Annahme, die der Mensch machen könne oder auch nicht, nach­dem es ihm beliebe, als ein freier Entschluss für wahr zu halten, was das Herz wünscht, weil es dasselbe wünscht, als eine Ergänzung oder Ersetzung der zure­ichenden Überzeugungsgründe durch die Hoffnung. Was in der Vernunft gegrün­det ist, ist schlechthin notwendig; und was nicht notwendig ist, ist ebendarum ver­nunftwidrig. Das Fürwahrhalten desselben ist Wahn und Traum, so fromm etwa geträumt werden möge.”99 Es geht also um die Frage der Aufklärung und des Rationalismus, welche eigentlich auf dieselbe Weise beantwortet wird wie bei Spinoza und in der Offenbarungsschrift Fichtes. Der berüchtigte Satz worin Fichte Gott mit der moralischen Weltordnung gleichsetzt, lautet: „Der eben abgeleitete Glaube ist aber auch der Glaube ganz und vollständig. Jene lebendige und wirkende moralische Ordnung ist selbst Gott. Wir bedürfen keines anderen Gottes, und können keinen anderen fassen. Es liegt kein Grund in der Ver­nunft, aus jener moralischen Weltordnung herauszugehen, und vermittelst eines Schlusses vom Begründeten auf den Grund noch ein besonderes Wesen, als die 98 Vgl. Karl von Hasse’s Werke, XII/2. Leipzig 1891. 505-573. 99 Fichtes Werke in 6 Bänden, III. 123.

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