Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)
SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Die Tugend des Gehorsams als Grundlage des klerischen das Heißt des kanonischen Gehorsams
DIE TUGEND DES GEHORSAMS ALS GRUNDLAGE DES KLERISCHEN... 57 Dadurch wird die vollkommene Freiheit der Söhne Gottes verwirklicht, die Treue zum Geist garantiert und das wirklich konstruktive Handeln versichert.115 Neben dem Martyrium ist das Ordensgelübde das größte Opfer der menschlichen Freiheit, denn für die Ordensleute - falls sie auch Kleriker sind - ist nicht nur der allgemeine Gehorsam der Gläubigen, der kanonische Gehorsam verbindlich, sondern der infolge des Gelübdes für lebenslang übernommene, sich auf alles verbreitende Gehorsam (hier können wir natürlich all das hinzufügen, was der Mensch unter dem Titel des Gehorsams übernehmen kann).116 Eine eigenartige Situation kann entstehen, wenn der Ordensmann auch Kleriker ist, und wenn er in einer Diözese zugleich auch seelsorgliche Aufgaben verrichtet. In diesem Falle muss er bezüglich des Bischofs unter dem Titel von Gehorsam und gegenüber seinem Ordensoberen in der Kraft des Gelübdes gehorchen.117 IV. Das Problem des Gehorsams und der Gewissensfreiheit Unsere Grundstellung ist die folgende: die Freiheit des Menschen ist nicht absolut, weil nicht er ist, der die Grundgesetze seines Verstandes, Willens und Gefühlslebens bestimmt, er erkennt sie bloß, und ist in solchem Masse frei, in welchem er diese Erkenntnis zugibt oder verneint. Daraus folgt, dass „die moralische Autonomie nach ihrem erweisbaren Sinn die Freiheit der Selbstentscheidung und nicht die Unabhängigkeit von der Gesellschaft und vom Gott bedeutet“.118 Das bedeutet auch, dass „jeder persönlich zum moralischen Leben verpflichtet ist, jeder für sich die Verantwortung übernehmen soll und das Gewissen jeden Menschen in seinem persönlichen Bewusstsein veranlasst. Jeder Mensch ist zu einer bestimmten Aufgabe berufen, die ausschließlich er verwirklichen kann. Auf jeden einzelnen Menschen bezieht sich die Anforderung der Gestaltung zum Charakter, die nur durch das Ausdrücken der persönlichen Neigungen und Fähigkeiten durchgesetzt werden kann, jeder einzelne Mensch hat mit Gott, mit dem Endziel des Lebens eine unmittelbare und persönliche Beziehung. Die Persönlichkeit erscheint und reift am vollkommensten in der 115 Vgl. Gambari, E., Vita religiosa secondo il Concilio e il nuovo Diritto Canonico, Roma 1985.44. 116 Gerade daraus ergibt sich, dass der aufgrund des Ordensgelübdes verlangte Gehorsam nicht ohne Grenzen ist, was das Statut des Ordens genau umgrenzen soll. Vgl. De Paolis, V., La vita consacrata nella Chiesa, 4L 117 Vgl. Giménez Serrano, A., Applicazione degli obblighi e dei diritti clericali fcc. 273-289) ai sodali delle società di vita apostolica - SVA (c. 739), in Commentarium pro Religiosis et Mis- sionariis 80 (1999) 91-96. 118 Vgl. Kecskés, P., A keresztény társadalomelmélet alapelvei [Die Grundsätze der christlichen Gesellschaftstheorie], Budapest 1938. 107.