Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)

SACRA THEOLOGIA - Géza Kuminetz, Die Tugend des Gehorsams als Grundlage des klerischen das Heißt des kanonischen Gehorsams

DIE TUGEND DES GEHORSAMS ALS GRUNDLAGE DES KLERISCHEN... 35 Institutionsentwicklungen und Umwälzungen verständlicher und annehmbarer sein, erleichternd damit den Gehorsam in bedeutendem Masse. Nicht einmal der gute Leiter sucht unbedingt seinen eigenen Willen, nicht einmal in dem Fal­le, wenn seine eigene Idee wirklich am besten ist, die Mehrheit jedoch hat am wenigsten die Absicht, sie vollzuziehen. In einem solchen Fall begnügt sich der wahrhaftig weise Leiter mit der nur guten, jedoch seitens der Vollzieher mit al­ler Bereitwilligkeit unterstützten Lösung. Die Richtung und Beschaffenheit des Befehlens werden auch durch den Lebensstatus und die persönlichen Neigun­gen der Untergebenen begrenzt. Ebenfalls diesem Ziel dient die Pflicht des Bi­schofs, auch schon seine Seminaristen gründlich kennenzulemen, deshalb be­sucht er sie oft im Seminarium. Niemand kann jedoch zu etwas Unmöglichem verpflichtet werden, falls die natürlichen oder die tatsächlichen Grundlagen fehlen, darf man der ausersehenen Person ein solches Amt für eine bestimmte Aufgabe nicht erteilen. Fall es überhaupt keine Person gibt, deren entsprechen­de Vorbereitung unentbehrlich ist, bestimmte dauerhafte Aufgabe zu verrich­ten, darf man kein Amt und kein Institut zustande bringen beziehungsweise funktionieren lassen. Der Mangel an entsprechender Fachkenntnis verursacht nämlich im allgemeinen einen größeren Schaden, als das tatsächliche Fehlen eines bestimmten Institutes oder eines bestimmten Amtes. Der Erfolg und die Wirksamkeit des Befehlens und Gehorsams setzt ferner voraus, dass die Vor­gesetzten auf eine koordinierte Art und Weise wirken und arbeiten, ungeachtet davon, dass sie auf koordinative4S oder subordinative Weise tätig sind. Man muss äußerst beachten, dass unsere Entscheidung das rechtgemässe Interesse einer dritten Person nicht verletzt. Falls wir davon Bescheid wissen (das erteilt uns das kanonische Recht beziehungsweise die menschliche Weisheit), müssen wir unseren Plan mit ihm besprechen. Die achte Bemerkung ist es, das die wahre Selbstverwirklichung darin be­steht, das Lebensziel immer frei zu wählen und zu verwirklichen, also dem Le­bensideal zu gehorchen. Der gewählte Lebenszustand ist in den Alltagen auf eine befehlerische Weise gegenwärtig, er ist ja mit spezifischen Pflichten ver­bunden. Ihre Verwirklichung steht vor uns wie eigenartige Imperative, sie ver­fügen also über eine befehlerische Kraft. Die neunte Bemerkung ist es, dass wir auch die Lebensberufung oder den Lebenszustand (Ehe, Priestertum, Mönchtum) dem Ruf Gottes folgend, mit freier Entscheidung wählen, und das treue Bestehen auf der Entscheidung auch unseren Gehorsam beweist. 45 Ein Beispiel: Wenn einer der Bischöfe seinen Seminaristen entlässt, soll der andere Bischof nach der Meinung dieses Bischofs fragen, bevor er den Betroffenen zu seine eigenen Seminaris­ten aufnimmt. Ohne einen triftigen Grund soll der Bischof ihn jedoch nicht aufnehmen. Sie sind miteinander in Gemeinschaft und das hat spezifische kirchendisziplinarische Vorschriften. Falls sie aber nicht entsprechend berücksichtigt werden, wird damit das Communio-Prinzip gekränkt.

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