Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)

IUS CANONICUM - Stephan Haering OSB, Das Verfahren zur Entlassung aus einem Ordensverband

DAS VERFAHREN ZUR ENTLASSUNG VON PROFESSMITGLIEDERN... 215 solcher Antrag ohne Wissen oder Anhörung des betroffenen Mitglieds gestellt und auch bewilligt wird. Dies geschieht auch in Fällen, in denen die Geschäfts­fähigkeit des Mitglieds, dem die Exklaustration auferlegt werden soll, nicht in Zweifel zu ziehen ist. Unter den Vorzeichen des Rechtsschutzes ist ein solches Vorgehen überaus fragwürdig. Es ist durchaus denkbar, dass ein kritisches, der durchschnittlichen, in einer Ordensgemeinschaft vorherrschenden Denkungsart nicht angepasstes Mitglied auf diese Weise ausgegrenzt wird. Das exklaustrierte Mitglied, mög­licherweise schon fortgeschrittenen Alters, verliert dann seinen gewohnten geistlichen Lebensrahmen und wird möglicherweise gezwungen, unter unge­wohnten neuen Bedingungen sein Ordensleben zu führen und wieder eigen­ständig für seinen Unterhalt zu sorgen. Es ist - zumal bei diözesanrechtlichen Instituten - die Gefahr nicht zu verkennen, dass dieses Instrument der auferleg­ten Exklaustration von ungeeigneten Oberen zum verbandsintemen Mobbing und zur Aussonderung missliebiger Mitglieder missbraucht werden kann. Den hierarchischen Autoritäten ist daher dringend zu raten, im Interesse der Pflege der kirchlichen Rechtskultur mit diesem Institut der auferlegten Exklaustration sehr behutsam umzugehen und in jedem einzelnen Fall auf ausreichendes Gehör für die Betroffenen zu achten. Gerade bei der Auferlegung der Exklaustration ist sowohl von Seiten der hierarchischen Autorität, die die Maßnahme verfügt, als auch zuvor bereits ordensintem sorgfältig darauf zu achten, dass Billigkeit und Liebe jederzeit gewahrt werden. Als Rechtsmittel gegen die auferlegte Exklaustration steht vorzüglich die Ver­waltungsbeschwerde gemäß cc. 1732-1739 CIC beziehungsweise cc. 996- 1006 CCEO zur Verfügung. Durch ihre Anwendung können im Einzelfall Un­gerechtigkeiten vermieden werden. V. ABSCHLIEßENDE BEMERKUNGEN Die kirchliche Rechtsordnung stellt für Fälle, in denen das Verbleiben eines Mitglieds in einer Ordensgemeinschaft aus den unterschiedlichsten Gründen unmöglich geworden ist, Verfahrenswege zur Verfügung, auf denen eine Aus­sonderung des betroffenen Mitglieds aus dem Verband auch gegen dessen Wil­len möglich ist. Bei einer solchen Maßnahme handelt es sich nicht um eine Strafe im strengen Sinn, sondern stets um einen Akt der Verwaltung. Die ent­sprechenden Verfahren sind Verwaltungsverfahren und unterliegen daher nicht den strikten Regeln des gerichtlichen Prozesses. Gleichwohl dürfte auch vor diesem Hintergrund es kaum in Betracht kommen, mittels Dispens von einzel­nen Verfahrenselementen abzusehen und so gegebenenfalls den Rechtsschutz für das Mitglied zu verkürzen. Die Wahrung von Billigkeit und Liebe ist dem kirchlichen Gesetzgeber gerade in solchen Zusammenhängen ein hohes Gut.

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