Folia Theologica et Canonica 1. 23/15 (2012)
IUS CANONICUM - Stephan Haering OSB, Das Verfahren zur Entlassung aus einem Ordensverband
DAS VERFAHREN ZUR ENTLASSUNG VON PROFESSMITGLIEDERN... 207 schwerwiegend, schuldhaft und rechtlich bewiesen sind und dass auf Seiten des Mitglieds Unverbesserlichkeit vorliegt (c. 500 § 2, 1° CCEO). 2. Tatbestände für die Entlassung von Mitgliedern mit zeitlicher Profess Die Entlassung von zeitlich gebundenen Mitgliedern kann gemäß dem Recht der lateinischen Kirche auch aus weniger schwerwiegenden Gründen erfolgen, sofern solche im Eigenrecht festgelegt sind (c. 696 § 2 CIC). Andernfalls sind auch auf die zeitlichen Professen die allgemeinen Regeln des CIC über die Entlassung anzuwenden. Das bedeutet, dass das Versagen des zeitlich gebundenen Mitglieds, falls relevante eigenrechtliche Bestimmungen, fehlen, so schwer wiegen muss, dass es auch bei einem ewigen Professen zur Entlassung führen würde. Die Entlassung von zeitlich gebundenen Mitgliedern von Gesellschaften des apostolischen Lebens erfolgt hingegen gänzlich auf der Basis des Eigenrechts (c. 742 CIC). Im Bereich der orientalischen Kirchen kann ein Ordensmitglied mit zeitlichen Gelübden aus Gründen, die im allgemeinen Recht nicht näher benannt werden, entlassen werden (cc. 499, 552 § 2 CCEO). Es muss sich allerdings um schwerwiegende Gründe handeln, die nach außen in Erscheinung treten und schuldhaft sind. Insoweit besteht hier eine Parallele zur Entlassung von ewigen Professen. Das statutarische Recht kann dazu Näheres festlegen. 3 3. Verfahrensweise im lateinischen Bereich Wenn im Bereich der lateinischen Kirche ein Mitglied mittels Entlassungsverfahren aus dem Verband entfernt werden soll, liegt die Initiative bei dem jeweils zuständigen höheren Oberen. Es ist dabei zu unterscheiden, ob es sich um eine Entlassung auf der Grundlage von c. 695 CIC oder auf der Basis von c. 696 CIC handelt. Im ersten Fall, der obligatorischen Entlassung, geht der höhere Obere allein vor und zieht nur einen Notar zur Führung und Beglaubigung der Akten bei. Das bedeutet auch, dass der höhere Obere allein es ist, der im Falle der qualifizierten Sexualdelikte nach c. 1395 § 2 CIC gegebenenfalls die Entscheidung trifft, ob ein Entlassungsverfahren eingeleitet oder den gegebenen Verhältnissen anderweitig begegnet wird. C. 695 § 1 CIC spricht an dieser Stelle zwar einfach vom „superior“, doch ergibt sich aus § 2, dass es sich hierbei um den höheren Oberen (superior maior) handelt; denn es ist kaum vorstellbar, dass ein einfacher lokaler Oberer darüber zu befinden berechtigt sein soll, ob er dem zuständigen höheren Oberen ein entsprechendes Delikt anzeigt oder nicht. Allenfalls könnte die Verwendung des bloßen „superior“ noch die Möglichkeit offen halten,