Folia Canonica 8. (2005)

STUDIES - Matthias Pulte: Die Instruktion des päpstlichen Rates zur Interpretation der Gesetzestexte, Dignitas Connubii vom 25.1.2005 - die neue EPO zum CIC/1983

DIGNITAS CONNUBII 135 weilen vertreten, ist mit DC an der bisher schon herrschenden Rechtsauffassung festzuhalten, dass es nicht darum geht, sich einfach dem Votum der Vorinstanz anzuschließen, wenn dies prima vista plausibel erscheint. Die pflichtgemäßen Bemerkungen der zweitinstanzlichen EBV haben ihren Sinn darin, diese Plausi­bilität vor dem Hintergrund von c. 1060 zu prüfen und dem Turnus zur Entschei­dung vorzulegen. Damit hegen gegenüber der vorinstanzlichen Entscheidung ggf. neue Argumente vor, die freilich Basis einer neuen richterlichen Entschei­dung über die Prozess- und Sachakten sind. Mithin bildet sich der zweitintsanzli- che Turnus eine moralische Gewissheit über dieses insoweit neue Konvolut. III. Fazit Dignitas connubii revolutioniert das kanonische Prozessrecht erwartungsge­mäß nicht durch substantielle Veränderungen. Die Rechtslage aufgrund des CIC/1983 bleibt weitgehend unverändert, wird aber um die Rechtsfortschrei­bungen und amtlichen Interpretationen des Lehramtes der letzten zwanzig Jahre erweitert. Mir erscheint dieser Weg, den das PCI hier beschritten hat, maßvoll und angemessen, ohne zukünftigen Rechtsentwicklungen den Raum zu nehmen. Der praktische Nutzen dieser Instruktion besteht vor allen Dingen darin, dass mit diesem Dokument die bestehende Rechtslage an einer zentralen Stelle zusam­mengeführt wird. Hinzu kommt, dass manche Rechtsunsicherheit in einzelnen Fragen durch mehr Rechtsklarheit abgelöst wird. Die skizzierten rechtlichen Festlegungen dienen einer ausgewogenen und am Kriterium der moralischen Gewissheit orientierten und einer, in machen Punkten, effizienteren Rechtspre­chung. Die von c. 1608 § 1 für das Urteil und gern. c. 1617 auch für das zweitin­stanzliche Dekret eingeforderte moralische Gewissheit wird nur erreicht, wenn das aufgekommene Beweismaterial, d.h. Prozess- und Sachakten der 2. Instanz, geeignet ist, jeden vernünftigen Rechts- und Tatsachenzweifel auszuschließen. Eine bloß überwiegende Wahrscheinlichkeit des Zutreffens einer Klagebehaup­tung reicht nicht für eine affirmative Entscheidung. Die mit Dignitas connubii vorgelegte EPO wird die kirchlichen Eheprozesse vielleicht nicht verkürzen. Die Instruktion trägt mit ihren Klärungen aber dazu bei, dass rechtliche Diffe­renzen, vor allem wenn sie manchmal überwiegend akademischer Natur sind, zwischen den Instanzen nicht mehr so häufig zu Lasten der Parteien dieser Per­sonenstandsverfahren ausgetragen werden (müssen).

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