Folia Canonica 8. (2005)

STUDIES - Matthias Pulte: Die Instruktion des päpstlichen Rates zur Interpretation der Gesetzestexte, Dignitas Connubii vom 25.1.2005 - die neue EPO zum CIC/1983

132 MATTHIAS PULTE Artt. 205 § 2 und 209 DC stellen im Unterschied zu den cc. 1574-1581 CIC nun auch die formalen und materiellen Anforderungen an das Gutachten genauer heraus, wie sie bereits seit den Rotaansprachen des verstorbenen hl. Vaters von 1987 und 1988 bekannt sind.26 Das Gutachten muss auf der Grundlage der christlichen Anthropologie erstellt werden. Das erscheint sinnvoll, da die in den Wissenschaften allein schon wegen des jeweiligen fachlichen Ansatzes vertrete­nen, unterschiedlichen Menschenbilder mit jenem inkompatibel sein können, das Grundlage der richterlichen Entscheidung sein muss. Hier eine Kongruenz zu fordern, erscheint sachgerecht, obschon es nicht einfach sein wird, ausrei­chend Gutachter zu finden, die sich an die kirchlichen Maximen in ihrer Diszi­plin gebunden fühlen. Die Fragen für die Gutachter stellen nach Art. 204 § 1 iVm Art. 56 § 4 DC der Richter und der Ehebandverteidiger. Der Richter hält in sei­nem Dekret zur Beauftragung des Gutachters die zu untersuchenden Capita fest. Schließlich soll der Richter dem Gutachter gern. Art. 207 § 3 DC eine Frist zur Bearbeitung setzen, damit es nicht zur Prozessverschleppung kommt. Vor dem Hintergrund der Gerichtpraxis erscheint diese Einschärfung von c. 1577 § 3 sehr sinnvoll. Art. 209 gibt ein allgemeines Raster bzw. eine Zielrichtung der dem Gutachter zu stellenden Fragen vor.27 Das haben Iudex, Auditor und Defensor auf den konkreten Fall anzuwenden. c. richterliche Präsumtionen Die drei Artt. 214-216 DC geben Maßstäbe für den Umgang mit richterli­chen Präsumtionen. Hier geht es weniger um die praesumptiones iuris, als um die praesumptiones facti (c. 1586). Auch dieses Feld ist wichtig, da die Beweis­lage in manchen Fällen ex natura rei ausgesprochen problematisch erscheint. Auf der Ebene der Beweiswürdigung anerkennt die Instruktion in Art. 216 § 2 DC nur solche richterlichen Präsumtionen, die mit den diesbezüglichen Regeln der Rota Romana übereinstimmen. Andere werden ausdrücklich verboten. Um welche Regeln es sich handelt, offenbart die Norm nicht. Fundstellen zur Präzi­26 Cf. Johannes Paul II., Ansprache an die Mitglieder der Römischen Rota vorn 25.1.1988, dt. in: AfkKR 157(1988), 122-128 27 Art. 209 § 1 : Ist die der Incapacitas zugrunde liegende Anomalie habituell oder transito­risch; von welcher Schwere; wo kommt sie her und wie hat sie sich manifestiert. § 2 n. 1 : In Fällen mangelnden Vernunftgebrauchs ist zu fragen, ob zum Zeitpunkt der Eheschließung ein für diesen Zweck genügender Vcrnunftgcbräuch vorhanden war, ob der Defekt habituell oder vorübergehend gewesen sei, ob er sich schon vor der Heirat manifestiert habe, aufgrund wel­cher Indizien sich das nachweisen lasse und welche Schwere der Defekt hatte, oder ob der De­fekt erst nach der Hochzeit bemerkt wurde. N. 2: ln den Fällen eines schweren Mangels des kritischen Urteilsvermögens ist nach der Schwere und der Natur dieses Defektes zu fragen und danach ob er sich ausgewirkt hat auf die Fähigkeit zur Entscheidung für die Ehe bei einer Partei. N.3: In Fällen des Verpflichtungsunvcrmögens ist nach der Natur und der Schwere der psychischen Ursache zu fragen die es der Person unmöglich gemacht hat, die essentiellen Ver­pflichtungen der Ehe auf sich zu nehmen.

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