Folia Canonica 8. (2005)

STUDIES - Matthias Pulte: Die Instruktion des päpstlichen Rates zur Interpretation der Gesetzestexte, Dignitas Connubii vom 25.1.2005 - die neue EPO zum CIC/1983

124 MATTHIAS PULTE Vor allem angesichts der letztgenannten Normen ist zu klären, ob diese Er­weiterungen eine Interpretation der bestehenden Normen oder eine Neurege­lung darstellen. Um eine Neuregelung würde es sich handeln, wenn durch Digni­tas connubii eine Rechtslage erstmals oder neu geordnet werden würde. Dann hätten wir es mit einer Kanonisierung außerkanonischen Rechts zu tun. Handelt es sich lediglich um Präzisierungen und *Auslegungsanweisungen bestehender Normen, wird man von einer amtlichen Interpretation durch die Instruktion iSv c. 34 § 1 CIC auszugehen haben. In Bezug auf die angesprochenen materiellen, prozessrechtlichen Gegen­stände erscheint eine Zuordnung der Instruktion auf den ersten Blick durchaus möglich. Die Normen schaffen keine wirkliche neue Rechtslage. Sie greifen nur unter Bezug auf die Quellen bisherige amtliche Interpretationen des geltenden Rechts durch die päpstlichen Gerichte ebenso auf, wie durch bewährte Interpre­tationen der diözesanen Gerichte. Bei den Artt. 2 § 2 und 4 § 2 n. 2 DC könnte hingegen neues Recht gesetzt worden sein. Für eine solche Annahme spräche die etwaige Promulgation der entsprechenden Normen oder gar der ganzen Instruk­tion. Da es bei DC aber an der gern. c. 7 CIC für Gesetze erforderlichen Promul­gation fehlt, mangelt es am entscheidenden Kriterium zur Feststellung eines gel­tenden Gesetzes. Insofern bilden die Art. 2 § 2 und Art. 4 § 2 DC nur eine freilich bindende Interpretationshilfe für den erkennenden Richter. Weiterhin ist bei die­sen beiden Nonnen anzumerken, dass sich an die dort vorgetragenen Rechtsla­gen keine Rechtsfolgen anschließen. Wenn aber z.B. eine Nichtigkeitssanktion für Nichtbeachtung fehlt, bleibt die Regelung wirkungslos und damit entbehr­lich. In Summa: Dignitas connubii schafft faktisch kein neues Recht. Das PCI selbst weist in der Praefatio auf die interpretative Natur der Instruktion hin. Sie soll den Richtern und den anderen Mitarbeitern der kirchlichen Gerichte eine Hilfe bei der richtigen Interpretation der Gesetze sein.14 Die Adressaten der In­struktion sind die kirchlichen Gerichtsherren. Auch darin zeigt sich die gesetzes­ausführende und gesetzeserklärende Funktion der Instruktion.15 Der Schlusssatz der Praefatio legt ebenso wie die abschließende Sentenz den kirchlichen Gerich­ten die Beobachtung der Instruktion als Rechtspflicht auf. Das heißt, dass die kirchlichen Gerichte die Interpretationshilfen der Instruktion ebenso wie deren Normerweiterungen berücksichtigen müssen, ohne aber in jedem Fall verpflich­tet zu sein, diese 1:1 umzusetzen. Es bleibt Spielraum für Interpretationen offen. Ein Abweichen von den Regeln von DC wäre aber im Einzelfall näher zu be­gründen. 14 Cf. Dignitas connubii, Praefatio, 9. 15 Cf. H. Socha, in: Klaus Liidicke ct al. Hg., Münsterischer Kommentar zum Codex Iuris Canonici, Stand: 39. Erg.Lfg. Essen 2005, (kurz: MKCIC), c. 34 Rdn. 12.

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