Folia Canonica 6. (2003)
STUDIES - Peter Landau: Seelsorge in den Kanonessammlungen von der Zeit der gregorianischen Reform bis zu Gratian
80 PETER LANDAU den Partes der Quaestio 1 von C. 16.152 Das von dem Mönch Gratian entworfene Modell des Rechts der cura animarum beruht nicht auf alten Kanones, sondern auf innovativen Fälschungen. VII. Schluss Damit ist bereits das Ergebnis formuliert, zu dem ich nach einer Durchsicht des Materials der gregorianischen Kanonessammlungen zur cura animarum gelange. Der Zitatenkampf mit Fälschungen in der Epoche von 1070 bis 1140 verlief auf diesem Gebiet besonders lebhaft und lässt sich in den Kanonessammlungen gut verfolgen. Ein Hauptergebnis meiner Studie ist es auch, dass die innovativen Fälschungen vielfach zuerst versteckt in kleinen wenig bedeutenden Kanonessammlungen nachzuweisen sind: der Fortschritt durch Fälschungen vollzieht sich vor 1140 in der Provinz,153 nicht etwa an der römischen Kurie und auch nicht bei den berühmten Kanonisten. Erst Gratian wird zum Sammelbecken der Fälschungen und kann mit dem Geschick des rational argumentierenden Interpreten gerade auf diesem Gebiet ,Harmony from dissonance1 herbeiführen.154 Vielleicht kann weitere Erforschung der vorgratianischen Sammlungen dazu führen, die hier vorgelegte Skizze zu einem noch genaueren Panorama aufgrund der Handschriften weiterzuentwickeln. * Appendix Die Verfälschungen der Fälschungen in Vat. lat. 1361. Die Übereinstimmungen mit dem ursprünglichen Text sind durch Kursivdruck vermerkt. In beiden Texten sind Formulierungen von C. 16, q. 1, c. 1 und c. 8 vermischt übernommen worden. Vat. lat. 1361: 5.58: (f. 114vb- 115ra) [keine Inskription]: De factis clericis monachis et de omnibus ministris sanctae ecclesiae dei.: „Placuit omnibus residentibus in sanctis synodis ut monachorum congregatio et vita ab omnibus honoretur. Illi enim relinquentes omnia mundana nudi nudam crucem Christi sequuntur. Ethimologia quippe huius nominis talis est. Monachus enim latine singularis dicitur. Unde non solum monachos sed etiam om152 C. 16, q. 1, c. 1,8, 21 (Pseudo-Ambrosius), 22 (Innocentius II.?), 23, 24, 25, 28. 153 Cfr. den Band Fortschritt durch Fälschungen (Fn. 3). 154 Cf. die klassische Arbeit von S. Kuttner, Harmony from Dissonance. An Interpretation of Medieval Canon Law in Wimmer Lecture X, Latrobe/Penn. 1960.