Folia Canonica 6. (2003)

STUDIES - Helmuth Pree: Die politische und gewerkschaftliche Betätigung geistlicher Personen im CIC (1983) und im CCEO (1990)

16 HELMUTH PREE ben aktiv teilzunehmen (can. 795 CIC). Can. 629 CCEO erfasst diese Ziele noch ausführlicher: die harmonische Entwicklung der intellektuellen und morali­schen Fähigkeiten, die Unterweisung in den christlichen Tugenden, die Hinfüh- rung zu einer vollkommeneren Erkenntnis und Liebe Gottes sowie zu einer rech­ten Formung des Gewissens, um die menschlichen und moralischen Werte beur­teilen und mit wahrer Freiheit annehmen zu können; ferner: die Bildung des Sin­nes für Gerechtigkeit und soziale Verantwortlichkeit im Interesse eines brüderli­chen Zusammenlebens mit den Menschen. Unverkennbar impliziert dieses umfassende Bildungsziel die Erziehung zum politisch mündigen Bürger. Damit werden, auch wenn dies nicht Regelungsab­sicht der beiden Gesetzbücher ist, jene Voraussetzungen eingemahnt, die auch aus dem Blickwinkel von Staat und Gesellschaft Voraussetzungen für ein funk­tionierendes politisches Gemeinwesen unter aktiver und verantwortungsbe­wusster Beteiligung aller Bürger sind, Funktionsvoraussetzungen mithin der freiheitlich rechtsstaatlichen Demokratie. Die Verantwortlichkeit für das Erreichen dieser Ziele liegt primär bei den El­tern (can. 226 §2; 798; 1136 CIC) und, soweit es um den Religionsunterricht geht, und überall dort, wo die Kirche erzieherische oder schulische Einrichtun­gen in ihrer Trägerschaft unterhält, bei der jeweiligen zuständigen kirchlichen Autorität und unter deren Verantwortung beim betreffenden Seelsorger, Lehrer oder sonstigen Mitarbeiter. 4. Die Klerikerpflicht gemäß can. 287 §1 CIC/can. 384 §1 CCEO Die Kleriker haben die Bewahrung von Frieden und Eintracht, die auf Ge­rechtigkeit beruhen,26 unter den Menschen so weit wie möglich immer zu för­dern (can. 287 §1 CIC). Der entsprechende can. 384 §1 CCEO nennt die theolo­gische Grundlage dieser Pflicht: Sie besteht darin, dass die Kleriker „ministri re­conciliationis omnium in Christi caritate” sind.27 Die Pflicht gilt für Kleriker als solche28, die durch die Weihe (ordinatio) dazu geweiht und bestimmt sind, ent­26 Diese Präzisierung wurde erst in der Sitzung der zuständigen Arbeitsgruppe der CIC-Revisionskommission im Januar 1980 eingefugt: Communicationes 14 (1982) 83. Vgl. H. J. F. Reinhardt, in MKCIC, c. 287 Rdn. 1. 27 Zum Grundauftrag der Kirche als Dienst der Versöhnung vgl. 2 Kor 5,18 f. Gem. Vat II LG 1 ist die Kirche in Christus Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit. 28 Vgl. can. 207 §1; 1008 f. C/C/can. 323 §2; 325 CCEO. Dabei ist einschränkend darauf hinzuweisen, dass diese Aussagen in vollem und eigentlichem Sinne nur für Priester und Bi­schöfe, nicht aber in gleicher Weise auch für Diakone gelten. Das Wesen des Diakonates im Kontext des Weihesakramentes ist dogmatisch in wesentlichen Punkten ungeklärt. Zu dem spezifisch priesterlichen Handeln in persona Christi capitis als Vorsteher der Eucharistiefeier oder als Spender des Bußsakramentes durch Erteilung der sakramentalen Lossprechung ist der Diakon gerade nicht befähigt (vgl. can. 900 § 1 ; 965 CIC).

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