Folia Canonica 6. (2003)

STUDIES - Helmuth Pree: Die politische und gewerkschaftliche Betätigung geistlicher Personen im CIC (1983) und im CCEO (1990)

12 HELMUTH PREE diese ihre Kompetenz gegenüber ihren Angehörigen (Katholiken) mit derselben rechtlichen Qualität und Verbindlichkeit aus wie gegenüber den Nichtangehöri­gen? Die erste Frage ist in dem Sinne zu beantworten, dass sich der Kompetenzan­spruch der Kirche an alle Menschen wendet, also über den Bereich der rechtli­chen Zuständigkeit der kirchlichen Autorität hinausreicht. Dies ergibt sich aus dem Normwortlaut (semper et ubique; quibuslibet) sowie aus dem Sinn und Kontext der Norm (can. 747 §1: omnibus gentibus; can. 211; 748 §1; can. 781-792 CIC). Die zweite Frage, nämlich ob der Kompetenz der Kirche gegenüber ihren ei­genen Gläubigen eine andere rechtliche Qualität zukommt als gegenüber ihr den Nichtangehörigen, ist bejahend zu beantworten. Für die Katholiken nämlich be­stehen die Pflichten gem. can. 209; 212 §1; 750-754 i.V.mcan. 1364 und 1371 CIC. Nichtkatholiken gegenüber beansprucht das katholische Kirchenrecht und die kirchliche Autorität keine Jurisdiktion (vgl. can. 11 CICI can. 1490 CCEO). Ihnen gegenüber beschränkt sich die Kompetenz der Kirche gem. can. 747 §2 CIC auf das annuntiare und indicium ferre. Eine potestas iurisdictionalis (in temporalibus) beansprucht die Kirche nicht (mehr).15 Dieser Rechtslage entsprechen auch die lehramtlichen Dokumente, welche das diesbezügliche Selbstverständnis der Kirche zum Ausdruck bringen, im Vat Hund in der Folge: „Die ihr (der Kirche, Anm. d. Vf.) eigene Sendung, die Chri­stus der Kirche übertragen hat, bezieht sich zwar nicht auf den politischen, wirt­schaftlichen oder sozialen Bereich: Das Ziel, das Christus ihr gesetzt hat, gehört ja der religiösen Ordnung an. Doch fließen aus eben dieser religiösen Sendung Auftrag, Licht und Kraft, um der menschlichen Gemeinschaft zu Aufbau und Festigung nach göttlichem Gesetz behilflich zu sein” (Vat II GS 42 b). „Hinsicht­lich der Werke und Einrichtungen der zeitlichen Ordnung ist es Aufgabe der kirchlichen Hierarchie, die in den zeitlichen Dingen zu befolgenden sittlichen Grundsätze zu lehren und authentisch zu interpretieren. Ihr steht das Recht zu, nach gehöriger Überlegung und unter Beiziehung der Hilfe von Sachverständi­gen über die Übereinstimmung solcher Werke und Einrichtungen mit den sittli­chen Grundsätzen zu urteilen und darüber zu bestimmen, was zur Wahrung und Förderung der Güter der übernatürlichen Ordnung erforderlich ist” (Vat IIAA 24 d).16 „Das politische und wirtschaftliche Handeln der Gesellschaft gehört nicht direkt zu ihrer (der Kirche, Anm. d. Vf.) Sendung. Doch hat ihr der Herr das Wort 15 Vgl. Anm. 13. 16 Das offizielle Dokument der Bischofssynode 1971 „De iustitia in mundo” hält fest: ,^4d Ecclesiam, prout est communitas religiosa et hierarchica, perse non pertinet afferre solutio­nes concretas in re sociali, oeconomica et politica pro iustitia in mundo. Eius vero missio se- cum fert defensionem promotionemque dignitatis et iurium primariorum personae huma­nae"A AS 63 ( 1971 ) 923-942,932.

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