Folia Canonica 6. (2003)

STUDIES - Rita Ferenczy - Szabolcs Anzelm Szuromi: Die kirchliche Ehe als staatlich anerkannter Ehebund? - Kritische Bemerkungen aus rechtgeschichtlicher, zivil- und kirchenrechtlicher Sicht

DIE KIRCHLICHE EHE ALS STAATLICH ANERKANNTER EHEBUND? 103 fessionen9, und die verschiedenen Normenkollisionen, besonders in den proble­matischen Gebieten - z.B. die Regelung der gemischten Ehe nach den verschie­denen Bekenntnissen - haben sehr viele Schwierigkeiten bedeutet. Nach der ka­tholischen Hegemonie, die die rechtliche Regelung des Gebietes charakterisier­te, war der erste Schritt des Prozesses, der zur Säkularisation führte, die Legiti­mation der protestantischen Regelungen durch Anordnungen des Monarchen, und später durch die Gesetzgebung, die das Eindringen staatlichen Regelungen bedeutete, z.B. verwies Punkt 11 des Gesetzartikels XXVI vom Jahr 1790 Ehe­angelegenheiten der Evangelischen bis zur Formalisierung einer eigenen Rege­lung in die Kompetenz der staatlichen Gerichte, obwohl diese Entscheidung nur zivilrechtliche Geltung hatte. In der obenerwähnten Regelung behielt sich der Staat die Zuweisung der Zuständigkeit in Ehestreitsachen für sich, also der Kompetenz im Falle verschiedener Konfessionen. Die Quellen des Eherechtes waren die einzelnen konfessionellen Rechte, die Rechtsprechung und Verwal­tung auf dem Gebiet der Ehe gehörte zur Kompetenz der Institutionen der betrof­fenen Konfessionen. Dazu brachte das Eherechtsgesetz XXXI. vom Jahr 1894 (HT) und das Ge­setz XXXIII. von 1894 (Atv.) über die staatlichen Personenstandsregister neue Regelungen. Diese führten das staatliche Monopol für die Rechtsformulierung, Rechtsprechung und Verwaltung ein, und damit die Institution der obligatori­schen Zivilehe. Nach HT § 29 soll die Ehe vor einem staatlichen Beamten geschlossen wer­den. Als solcher gilt ein Beamter nach der taxativen Aufzählung des § 29 der Standesbeamte, der erste Beamte des Gesetzamtes, der Oberstuhlrichter, sowie einige designierte Bürgermeister und Diplomaten. Ihre Kompetenz ist territorial zu verstehen und das in solchem Maße, daß das HT eine nicht vor dem territorial kompetenten Beamten geschlossene Ehe für ungültig (nichtig)10 erklärt. Die Nichtigkeit soll in einem durch bestimmte Personen angestrengten Nichtigkeits­prozeß erklärt worden, wodurch die Ehe als nicht geschlossen betrachtet wird. Die Ehe gilt als vor dem staatlichen Beamten geschlossen, wenn dieser nach allgemeiner Überzeugung für einen solchen gehalten wird. Wenn aber die Ehe­schließung nicht vor solch einem Beamten zustande gekommen ist, so (...) “ist es durch die Kraft des Gesetzes in keiner Hinsicht als Ehe zu betrachten“(...)." Damit wurde die staatliche Ungültigkeit der nur vor dem Geistlichen geschlos­senen Ehe festgesetzt. Das Gesetz verordnet wegen Vergehens eine Geldstrafe bis zu 1000 Kronen an den Geistlichen oder irgendeine Person, die Recht hat, eine religiöse Zeremonie zu durchzuführen, wenn sie ohne Bescheinigung des 9B. Grosschmid, A házasságjogi törvény, Budapest 1908, 324-328. 10 HT a) §41.

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