Folia Canonica 5. (2002)
STUDIES - Spyros N. Troianos: Die Entwicklung und der aktuelle Stand des kanonischen Rechts und der Kanonistik in der griechischen Orthodoxie
KANONISCHES RECHT UND KANONISTIK IN DER GRIECHISCHEN ORTHODOXIE 27 zen ist die „Geschichtliche Einführung in die Kanones der Orthodoxen Kirche“ (Stockholm 1990) besonders zu erwähnen, stellt doch dieses Buch ein unentbehrliches Hilfsmittel für jede Arbeit auf dem Gebiet des kanonischen Rechts dar. Diesem Überblick der Entwicklung der orthodoxen Kanonistik im griechischen Raum darf man entnehmen, daß das Interesse der Fachleute, ungeachtet ihrer Herkunft (ob Theologie oder Rechtswissenschaft), zwei Hauptgebieten gilt: Zum einen der Erforschung, einschließlich der Edition und Kommen- tie-rung, der kirchlichen Rechtsquellen jeder Art, und zum anderen der Festlegung der Beziehungen zwischen dem (griechischen) Staat und der Kirche (Griechenlands). Wenn man von der näheren Behandlung der zweiten Frage absieht, weil diese • Beziehungen in letzter Zeit aus mehreren Gründen und nicht zuletzt wegen der ablehnenden Haltung der griechischen Regierung gegenüber der kirchlichen Forderung, die Religionszugehörigkeit in die neuen Identitätskarten eintragen zu lassen, sehr gespannt sind, würde es sich lohnen, auf folgende Projekte hinsichtlich der Erforschung der Quellen hinzuweisen. Professor Giangou (Thessaloniki) befaßt sich seit Jahren mit der Vorbereitung einer Edition des kanonischen Werkes des Nikon vom Schwarzen Berg. Der Referent bereitet in Zusammenarbeit mit der Athener Professorin Elefteria Papagianni und Dr. Ludwig Burgmann (Frankfurt a.M.) die kritische Edition des Kommentars von Alexios Aristenos (12. Jahrhundert) zu den heiligen Kanones vor. Voraussichtlich wird die Edition noch in diesem Jahr erscheinen. Das Forschungsinstitut für griechische Rechtsgeschichte der Athener Akademie der Wissenschaften plant seit Jahren die kritische Edition der „gelehrten Fassung“ des Nomokanon von Manuel Malaxos (Mitte des 16. Jahrhunderts), einer kanonischen Sammlung, die in der Zeit der osmanischen Herrschaft auf dem Balkan sehr verbreitet war. Eine Teiledition ist zu Beginn der siebziger Jahre erschienen, doch fehlt die vollständige Ausgabe noch. Damit ich nicht immer von unvollendeten Vorhaben sprechen muß, darf ich nun auf den erfolgreichen Abschluß einer langjährigen und zugleich mühsamen Arbeit hinweisen. Professor Prodromos Akanthopoulos präsentierte nämlich im letzten Jahr (Thessaloniki 2000) in drei Bänden die kritische Edition einer im Jahre 1645 vom Archi- mandriten Iakovos in Ioannina angefertigten kanonischen Sammlung, die den symbolischen Titel „Bischofsstab“ trägt. Die Sammlung ist alphabetisch geordnet und die Edition zählte zu den wichtigen Desiderata der orthodoxen Kanonistik.