Folia Canonica 5. (2002)

STUDIES - Brend Eicholt: Gewaltenunterscheidung Statt Gewaltentrennung im kanonischen Verfassungsrecht

GEWALTENUNTERSCHEIDUNG STATT GEWALTENTRENNUNG 181 sen.5 Der Verwaltung obliegt die Ausführung von Entscheidungen, die die parlamentarische Volksvertretung in Gestalt von Gesetzen getroffen hat. Daher spricht man von der vollziehenden Gewalt; die Ausführung von Verordnungen ist mitumfaßt, da diese ebenfalls letztlich auf Gesetze zurückgehen.6 Unter Rechtsprechung versteht man die Durchführung von Verfahren, die Gerichten zugewiesen sind.7 b) Die drei Teile der Staatsgewalt - und dies ist das Kernstück der Lehre von der Gewaltenteilung - sind jeweils unterschiedlichen Trägem zugeordnet. Dies bezeichnet man als organisatorische Gewaltenteilung.8 Im Rahmen der ihnen zugewiesenen Aufgaben erfüllen die dazu bemfenen Organe ihre Aufgaben selbständig, ohne daß sie durch andere Organe hieran „unangemessen” gehin­dert werden dürfen.9 Diese Trennung der Aufgaben ist jedoch keine absolute. So stehen der voll­ziehenden Gewalt durchaus - wenn auch sehr beschränkte - Rechtssetzungs­kompetenzen („Verordnungen”) zu; die Rechte der gesetzgebenden Gewalt blei­ben gewahrt, da Verordnungen nur erlassen werden können, wenn der Gesetzge­ber die Verwaltung hierzu in einem Gesetz ermächtigt hat, aus dem sich auch In­halt, Zweck und Ausmaß ergeben (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG). In den Kembereich der Funktion darf ein Organ, das einer anderen Gewalt angehört, jedoch nicht eingreifen.10 Eine Ausnahme gilt allerdings im Bereich der rechtsprechenden Gewalt: Ist eine Tätigkeit materiell als Rechtsprechung anzusehen, kann diese Aufgabe ausschließlich von Richtern wahrgenommen werden; auf die Frage des Kembereichs kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Der „Verwaltung” dürfen daher Aufgaben der Rechtsprechung nicht übertragen werden.11 5 P. Badura, Staatsrecht, München21996, F 5. 6BADURA(Fn. 5), G 2. 7 Badura (Fn. 5),H2. 8 Herzog in Maunz-Dürig (Fn.3), Art. 20 Abschnitt V Rn. 15. 9 Benda in E. Benda — W. Maihofer - H.-J. Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 21994, (zitiert: Verfasser in Handbuch des Verfas­sungsrechts), S. 738. I0K. STERN, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I, Grundbegriffe und Grundlagen des Staatsrechts, Strukturprinzipien der Verfassung, München 21984, S. 795; BVerfGE 9,268 (280); 22,106 ( 111 ). nR. Mishra, Zulässigkeit und Grenzen amtlicher Urteilsschelte, ZRP 1998, S. 402 ff. (404); daher kann z. B. der Polizei auch bei „Bagatellkriminalität” zukünftig allenfalls die Kompetenz gegeben werden, „Bußen” (i. S. des OwiG), nicht jedoch „Strafen” (i. S. des StGB) zu verhängen, vgl. dazu auch H. C. Schaefer, Sanktionsbefugnisse für die Polizei, NJW 1999, S. 543 f.

Next

/
Thumbnails
Contents