Folia Canonica 4. (2001)

STUDIES - Helmut Pree: Nichtterritoriale Strukturen der hierarchischen Kirchenverfassung

NICHTTERRITORIALE STRUKTUREN 43 IV. Ergebnis, offene Fragen, Ausblick 1) Territoriale und nichtterritoriale Gliederungsstrukturen der Kirche sind determinativen, nicht konstitutiven Charakters. Konstitutiv ist die der Unter­scheidung zugrunde liegende fundamental personale Verfasstheit der Kirche als solcher, gleichgültig auf welcher Ebene. Auf den einzelnen Ebenen der Kirchen­verfassung, von der Pfarrei über die Diözese zu überdiözesanen Einheiten, insbesondere der Ecclesia sui iuris bis hin zur Gesamtkirche, erweist sich das Gewicht und die kirchenrechtliche Ausgestaltung des territorialen und des nichtterritorialen Gliederungsprinzips als sehr unterschiedlich und differenziert. Dabei gehen sowohl der CIC als auch der CCEO auf allen Verfassungsebenen der Kirche von der Regel der Territorialität aus, lassen aber Ausnahmen auf den verschiedenen Ebenen in ganz unterschiedlichem Umfang zu. Es hat sich gezeigt, dass nichtterritoriale Strukturen in reiner Form, d. h. ohne zusätzliche territoriale Gliederung, nicht existieren, mit der einzigen Ausnahme der Perso­nalprälatur. 2) Der Wert territorialer Gliederung, insbesondere auf der Ebene der Teil­kirche und in ihrem Inneren, besteht hauptsächlich in folgenden Momenten:- sie dient der Katholizität der Kirche in spezifischer Weise und will sie sichern: Die Kirche soll um ihres umfassenden Versöhnungsauftrages Willen Grenzen sprengen, Spaltungen, Klassen und Schichten wie Mauern zwischen den Menschen überwinden. Dies ist wirksamer mit flächendeckender Organisation zu erreichen (vgl.Gal 3, 29; LG l).87- die Konkretheit der Sendung der Kirche wird überwiegend durch die Territo­rialität erreicht: Die Kirche muss sich um ihres missionarischen Auftrages Willen an alle, nicht nur an Ausgewählte wenden. Dazu gehört, dass die Möglichkeit der Inkulturation jeweils nur in einem Sicheinlassen auf die Kultur eines bestimmten Gebietes möglich ist.88 89 90 87 „Es muss aber auch Glaubensmilieus geben, die sozial Ungleiche sammeln und so ein Versöhnungszeichen für die Fremdheiten einer Gesellschaft werden”. Das Glaubensmilieu ist im Unterschied zu den übrigen Sozialmilieus nicht ästhetisch geprägt (homogene Gruppe Gleichgestellter und Gleichgesinnter, die sich in der Suche nach dem eigenen schönen Leben nicht von anderen stören lassen wollen, die nicht zu ihrem Leben kommen können), sondern durch den Ruf des Evangeliums in eine Praxis des anbrechenden Gottesreiches: D. Emeis, Vom Geist belebte Seelsorge. Zur Frage einer Spiritualität im pastoralen Dienst, in Anzeiger für die Seelsorge 2001/1, 5-9, 8. 88 Vgl. Aa. Vv. in II diritto nel mistero della Chiesa II (Quaderni di Apollinaris 9), Roma 21990, 351. 89 Die Territorialität hängt mit dem inkarnatorischen Prinzip der Kirche (vgl. LG 8/1) zusammen; vgl. AG 6; Enzyklika „Redemptoris Missio” Nr. 37. 90 Vgl. K. Lehmann, Gemeinde, in Christlicher Glaube in moderner Gesellschaft, Bd. 29 (1982) 8-65, 37-45.

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