Folia Canonica 3. (2000)

STUDIES - Peter Landau: Die Canones Apostolorum im Abendländischen Kirchenrecht, insbesondere bei Gratian

DIE CANONES APOSTOLORUM IM ABENDLÄNDISCHEN KIRCHENRECHT 29 fertigten lateinischen Übersetzung an den Anfang der Sammlung,9 noch vor die Kanones des Konzils von Nicäa. Die dionysianische Einordnung mußte die Apostelkanones natürlich als Rechtssätze von besonderer Autorität erscheinen lassen. Dionysius scheint die letzten 35 Kanones nicht absichtlich weggelassen zu haben, sondern eine griechische Vorlage gehabt zu haben, die nur die ersten fünfzig Kanones umfasste, möglicherweise deren erste Redaktion.10 11 In der Vorrede zur zweiten Redaktion seiner Konziliensammlung weist Dionysius ausdrücklich auf seine Übersetzung der Apostelkanones als ersten Bestandteil der Sammlung hin. Er fügt hinzu, dass die Canones apostolorum zwar nicht überall anerkannt seien, dass aber auf ihnen einige päpstliche Rechtssätze beruhten, ‘quaedam constituta pontificum ex ipsis canonibus adsumpta esse videantur ‘,n Diese Bemerkung der Vorrede beruht offenbar darauf, daß die Kanones im griechischen Urtext als Kanones der Apostel bezeichnet werden, die zuerst Bischof Clemens von Rom zusammengestellt habe.12 Als Dionysius unter Papst Hormisda eine dritte Redaktion seiner Konziliensammlung verfaßte, die auf einer verbesserten Übersetzung der griechischen Kanones beruhte, ließ er nunmehr die Canones apostolorum ebenso wie die Kanones von Serdica und diejenigen der afrikanischen Konzilien fort. Diese letzte Redaktion der Kano- nessammlung des Dionysius ist uns zwar nicht erhalten, doch ist die Vorrede der Redaktion überliefert, aus der sich ergibt, daß Dionysius hier die Canones deshalb wegließ, weil sie keine allgemeine Anerkennung gefunden hatten - ‘quos non admisit universitas.’13 Er weist allerdings zugleich den Papst auf seine frühere Übersetzung der Kanones hin - wenn Hormisda gewissermaßen in der alten Auflage nachschlage, könne er Rechtssätze finden, die für die orientali­schen Kirchen maßgeblich seien.14 9 Cf. die Edition der ersten Redaktion nach MS Vat. Pal. 577 bei A. Strewe (ed.), Die Canonessammlung des Dionysius Exiguus in der ersten Redaktion (Arbeiten z. Kirchenge­schichte 16), Berlin-Leipzig 1931,2-10; auch bei Turner, Ecclesiae occidentalis I/l (Anm. 8), 1-34. 10 So die Hypothese von Turner, The Apostolic (Anm. 1), 537 f; Van Hove, Prolego­mena (Anm. 3), 131. Die andere Ansicht, dass Dionysius die letzten 35 Kanones absichtlich weggelassen habe, bei F. X. Funk, Die apostolischen Konstitutionen, Rottenburg 1891, ND Frankfurt/M. 1970, 194-197. 11 Die Vorrede zur zweiten Redaktion ediert bei F. Maassen, Geschichte der Quellen und der Literatur des canonischen Rechts im Abendlande, Graz 1870; ND Graz 1956, 961 f. Weitere Edition bei F. Glorie (ed.), Scriptores "Illyrici” minores (Corpus Christianorum, Ser. Lat 85), Tumhout 1972,39-42. Englische Übersetzung von R. Somerville-B. C. Brasington, Prefaces to Canon Law Books in Latin Christianity, New Haven-London 1998, 46-48. 12 Cf. Maassen, Geschichte (Anm. 11), 408. 13 Die Vorrede zur dritten Redaktion ediert bei Maassen, Geschichte (Anm. 11), 964 f. Glorie, Scriptores (Anm. 11), 51. Englische Übersetzung bei Somerville-Brasington Prefaces (Anm. 11), 49. 14 Praefatio Dionysii: “quia, ut superius memini, ut hos in illa prima digessi translatione ut et vestra paternitas auctoritate qua tenentur ecclesiae Orientales, quaesivit agnoscere”.

Next

/
Thumbnails
Contents