AZ ORSZÁGOS SZÉCHÉNYI KÖNYVTÁR ÉVKÖNYVE 1978. Budapest (1980)

IV. Könyvtörténeti és művelődéstörténeti tanulmányok - Fallenbüchl Zoltán: A Blaeu-térképofficina atlaszkiadásai és magyar vonatkozásaik - Die Atlasausgaben des Amsterdamer Verlages Blaeu und ihre ungarischen Beziehungen

zwei Bänden, mit lateinischem, deutschem, holländischem und französischem Text: 1640 wuchs der Atlas schon auf 3 Bände. Diese dreibändige lateinische Ausgabe des Atlas ist ein anderthalbes Jahr­zehnt nach dem Erscheinen im einstigen ungarischen Staatsgebiet nachweisbar. Die Possessorenbezeichnung „Coli: Soc: Jes: Vnguariensis . . . 1666" ist ein Zeichen dafür, dass der Atlas in der Bibliothek des Jesuitenkollegiums zu Ungvár (jetzt Uzgorod) in einem kleinen Landstädtchen des einstigen nordöstlichen Ungarns schon in Gebrauch stand. Dies ist einstweilen das älteste auf dem historischen ungarischen Boden bekannte Exemplar einer Blaeu'schen Atlasausgabe. (Heute im Besitz der Ung. Nationalbibliothek Széchényi.) Diese Tatsache ist zugleich ein Zeichen dafür, das in dem von der Türkennot leidendem Ungarn das kartographisch-geographische Interesse auch in dieser Zeit lebendig gewesen war. Zur selben Zeit sind Angaben aus anderen Städten Ungarns und Siebenbürgens von Ortelius und Mercator-Atlanten bekannt. In den 1640-es und 1650-er Jahren breitete sich der Umfang der Blaeu'schen Atlanten durch Zufuhr neueren kartographischen und geographischen Materials immer mehr aus. 1645/46 erreichte eine weitere lateinische Ausgabe schon vier, bzw. bis 1654 fünf Bände. In dieser Beziehung ist die Publizierung der Bände Schottland und England durch die Firma Blaeu besonders wichtig. Die Ereignisse in England und Schottland machten die Herausgabe dieser Bände höchst aktuell, obwohl das Material z. B. Schottlands (Nachlass des Geometers Timothy Pont mit Verbesserungen von Sir John Scot und Robert Gordon) nicht ganz neu gewesen war. Die ausführlichen historisch-archeologisch-geographischen Beschreibungen — gelegentlich auch mit frühen statistischen Angaben — bedeuteten für die geographische Wissenschaft eine Bereicherung. So wurden die Blaeu'schen Atlanten sehr begehrt. Sie vermittelten neue Forschungsergebnisse wie z. B. in der Beziehung Polens und der Ukraine jene von Guillaume Le Vasseur de Beauplan und Chinas jene von Martinus Martinius S. J. Mehrere Auflagen in verschiedenen Sprachen Europas bedeuteten eine Möglichkeit der Verbreitung auch in den Kreisen, wo Latein weniger verbreitet war. Es kam schliesslich zu einer repräsentativen Ausgabe, wo auch wahrscheinlich politische Gründe mitspielen durften. Die Ausgabe des Jahres 1662. Im Jahre 1662 kam es zu einer grossen Ausgabe einer Cosmographia Blaviana, wovon nur die Geographia Blaviana in 11 Bänden erschien. Die Bände behandeln der Reihe nach: die Arktis und Nordeuropa; Nord­und Osteuropa von Schweden bis Griechenland; (darin auch Ungarn und Sieben­bürgen); Deutschland, das Reich, Kreis Österreich und Königreich Böhmen inbe­griffen; die Niederlande, sowohl die Spanischen Niederlande als auch die General­staaten; England; Schottland und Irland; Frankreich und die Schweiz; Italien; Spanien, Portugal und Afrika ; Asien und der neue China-Atlas von Martinus Martinius ; die beiden Amerikas. Der Atlas wurde dem Kaiser Leopold I. (auch König von Ungarn) dediziert. Die Ausgabe war aber schon von Willem Jansz Blaeu (f 1638) geplant; nun aber gebot sich in der schweren diplomatischen Lage Hollands eine Gelegenheit mit dieser Dedikation die Gunst des Kaisers zu erwerben. Was Ungarn betrifft, ist seine Darstellung im 2. Band, im Kapitel Regiones Orientales . . . circa Danubium . . . also in einer klaren geographischen Erkenntnis des Donauraumes zu finden. Ungarn erhält schon im ersten Band, bei Europa eine ehrenvolle Würdigung. Denn auf der — schon früher, wahrscheinlich um 1600 verfertigten — Europakarte ist unter den zehn europäischen Volkstypen und Trachten auch das Ungarntum vertreten, obwohl Ungarn seit dem Anfang der Türkenbesetzung eines Teiles (1526 bzw. 1541) sowohl an Volkszahl als auch an politischem Gewicht viel verloren hatte. Es verdiente dennoch, als ,,Antemurale Christianitatis" diese Würdigung. Auch sind auf dieser Europakarte auf einem Gebiet von ungefähr 6 cm 2 (M. 1: cca. 15 000 000) 28 ungarische Ortschaften, Städte und Festungen dargestellt. Die Blaeu'schen Landkarten zeichnen sich durch eine gute Lesbarkeit und schöne Ausführung aus, die auch für die Karte von Ungarn zutrifft. Der Textteil ist — wie auch bei anderen Ländern — für Ungarn und Sieben­bürgen von hohem Wert. Sie wurde mit Kritik zusammengestellt. Die Angaben sind im allgemeinen zutreffend. Die Klima- und Bodenbeschaffungsverhältnisse sind etwas übertrieben, aber drücken eine allgemeine Meinung Europas aus. Die Kenntnis der ungarischen Verfassung und Verwaltung ist ausführlich und gut zutreffend. Es kommen gelegentlich auch wenig bekannte statistische Angaben über Ungarn in dieser Be­26* 403

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