Csornay Boldizsár - Dobos Zsuzsa - Varga Ágota - Zakariás János szerk.: A Szépművészeti Múzeum közleményei 100. (Budapest, 2004)

URBACH, ZSUZSA: Ein flämischer ikonographischer Bildtypus im italienischen Quattrocento. Bemerkungen zur Studie von Éva Eszláry

mehr auf Fragen der Stilwirkungen, der Aufträge und des Kunstmarktes, wogegen dem Wandern der Themen und der Ikonographie weniger Aufmerksamkeit ge­schenkt wird. Die Darstellungen des Schmerzensmannes bzw. des Ecce Homo und ihre Varianten sind aber greifbare Fälle, welche die italienischen Meister in ihrer ausgesprochen nördlichen Form inspirierten. Ein Beispiel ist dieser Salvator inco­ronatus, den wir als kleine Fallstudie untersuchen. Die bekannten Worte, die Francisco de Hollanda 1538 Michelangelo in den Mund legte, ist eine in typisch humanistischem Sinn gefasste Wertschätzung über die flämische Malerei. „Die flämische Malerei... wird den Frommen generell ge­sprochen besser gefallen als irgendein italienisches Werk, was ihn niemals zu Tränen rühren kann, während er vor einem flandrischen Bild viele Tränen vergiessen wird. ... Sie wird den Frauen gefallen, vor allem den sehr alten und den sehr jungen. . ,." 23 Es ist diesen Worten deutlich zu entnehmen, dass das flämische Gemälde die Form und das Mittel der Andacht und der Devotion ist, die allen - sogar den Frauen - ver­ständlich erscheinen. Es war auch in italienischen Bürgerhäusern üblich, ein Gemälde zu haben, das zwar Gegenstand der häuslichen Andacht, dennoch schön ist. Es ist uns aus zahlreichen schriftlichen Quellen bekannt, dass diese frommen, also divota Bilder die damaligen Menschen zu Tränen rühren konnten. Huizinga erörtert im XIV. Kapitel seines großartigen Werks, „Herbst des Mittelalters" aber auch an anderen Stellen reichlich, wie leicht die damaligen Menschen in Tränen ausbrechen konnten. Huizinga zitiert in Verbindung mit den Tränen der Andacht Dionys den Kartäuser (t 1471), nach dessen Ansicht die Andacht eine Art der Herzensmilde sei, die oft in andächtige Tränen ausbreche. 24 Alberti schrieb ebenfalls über die Darstellung des Lachens und des Weinens im II. Buch von „Della Pittura" (1436). 25 „Es ergibt sich aus unserer mitleidvollen Natur gegenüber uns ähnlichen Dingen, dass wir zusammen mit jenem weinen, der weint, zusammen mit dem lachen, der lacht und zusammen mit dem leiden, der leidet." Im Denken der nie­derländischen devotio moderna wurde ein besonderer Wert auf das mitleidige Weinen gelegt. Die „Tränen sind Flügel des Gebets", zitiert auch Huizinga. Am hier vorgestellten Relief und an dessen Paaren in Berlin ist die betonte und erzwungene, vergrößerte Darstellung der Tränen Christi und Maria in der Bildhauerkunst tat­sächlich ungewöhnlich. Es ist ein sehr typisches Zeichen, wie der Bildhauer ver­suchte, ein Motiv zu übernehmen, das auf Gemälden dargestellt wurde. Wie auch P. Nuttal daraufhinwies, schätzten die italienischen Sammler in erster Linie die emotionale Aussage der flämischen Malerei hoch. Fazio schreibt über Rogier van der Weydens Kreuzabnahme so: „... seine Mutter Maria, Maria Magdalena und Joseph, deren Schmerz und Tränen so ausgedrückt sind, dass man nicht glau­23 Ringbom (Anm. 13), 51. 24 Huizinga, J., Herbst des Mittelalters. Studien über Lebens- und Geistesformen des 14. und 15. Jahrhunderts in Frankreich und in den Niederlanden, München 1924, 259-260. 25 Ringbom (Anm. 13); Leon Battista Alberti, A festészetről (Della Pittura), (übers, von Hajnóczi, G.,) Budapest 1997, 41, 121 (hier übers, von Dávid, G. Cs.).

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