Kaposy Veronika szerk.: A Szépművészeti Múzeum közleményei 45. (Budapest, 1975)
PREISS, PAVEL: Franz Karl Palko als Zeichner
gewiesen. Sie wurde als Allegorie der freien Künste bezeichnet, 63 was allerdings ihren Inhalt nicht völlig ausdrückt, da von diesen blos die Geometrie, symbolisiert durch den Globus und einen Zirkel in der Hand des links sitzenden Mannes, anwesend ist. Diese wurde hier mit der Sculptura verknüpft, vertreten durch den mit wildem Schwung ein Riesenbein bearbeitenden Bildhauer, offenbar Chares aus Lindos, welcher nach dem Modelletto, der von einem Gehilfen gehalten wird, den Koloss von Rhodos meisselt. Der mit einer Gebärde von Überraschung auf einem brückenartig gewölbten Plateau vorwärts schreitender Greis dürfte dem Kontext nach Kleobulos, Tyrann der Stadt Lindos auf Rhodos sein. Kleobulos, einer der Sieben Weisen (neben den ständigen wie Thaies, Solon, Pittakos und Bias wurden alternierend Pariandros, Kleobulos, Anacharsis, Cheilon und Epimenides genannt), tritt in der aufklärerischen Ikonographie in zyklischen Zusammenhängen der Geistesgeschichte der Menschheit öfter auf — konkret in den Programmen, der »Historischen Erklärung« (1778) und der »Historischen Beschreibung« (1794), Maulbertschs Fresken in den Prämonstratenserklöstern Louka (Klosterbruck) und Prag-Strahov. Die liegende Gestalt könnte Kleobulos Tochter Kleobulina darstellen. Die Büste eines bartlosen jungen Mannes könnte man am ehesten als Apollo (durch die Hieroglyphen als Hoi us-Apollo, Horapollo, charakterisiert), deuten, der den meisten Quellen nach den Umlauf des Preises der Weisheit, eines Dreifusses oder — nach einer anderen Fabel — eines Bechers unter den Sieben veranlasste. Diese Ehrengabe könnte man in dem Spiegel (?) erblicken, auf den ein Lichtstrahl fällt. Hypothetisch liesse sich weiter schliessen, dass das vorliegende Blatt ein Fragment einer siebenteiligen Folge von Deckenbildentwürfen sei, in der stets einer der Sieben Weisen unter der Patronanz einer der sieben Planetenpersonifikationen (hier unter Saturn, wohl im Sinne des Herrn der Masse, der über der Geometrie schwebt) und von der Allegorie einer der sieben freien Künste (hier der Geometrie) begleitet auftritt, wobei ihm gelegentlich noch einzelne der drei »disegno«Künste (Malerei, Plastik. Architektur) beigesellt wurde. Auf der vorliegenden Zeichnung stellt der Bildhauer Chares und dessen Koloss von Rhodos eine lokale Bindung mit Kleobulos. Ausserdem konnten ja in dem vermuteten, auf der magischen Nummer Sieben aufgebauten Plan auch die sieben Weltwunder vertreten gewesen sein. Die einzigartig spitzfindige Ikonographie des Blattes aus einer hypothetischen Serie weist tatsächlich zu dem exklusiven höfischen Milieu in Dresden und zum (Trafen Brühl; in dem damals bei eis ziemlich provinzionalisierten Böhmen wäre sie schwer vorstellbar. Die zwei erhaltenen Zeichnungen von den fünf, die Mariette aus München von der Malerwitwe erwarb und die ihn zu einer so grossen Bewunderung der Zeichenkunst Palkos anregten, stellen in der Tat Spitzenleistungen dar (Abb. 54 —55). Die Lunette mit den Jesuitenheiligen, dem hl. Ignatius vor der thronenden Madonna, der sich zu zwei kreuztragenden japanischen Märtyrern wendet und auf die Initialen der Ordensdevise (OAMDG) im offenen Buch zeigt, und dem hl. Franz 53 Ahrenhurg, Sl. Richard Tungel. Federzeichnung, grau laviert, 344x286 mm. Signiert mit Graphit unten links: „Carl Falko". Auf der Rückseite mit Feder: „Carl Falko." Aus der Sl. Liechtenstein in Wien. Lit.: ( K u 1 t •/ e n, R. ): Zeichnungen alter Meister aus deutschem Privatbesitz, Hamburg-Stuttgart-Bremen, (Ausstellungskatalog) 1965/66. 25, Nr. 98, Abb. 51 („Entwurf für ein Deckenfresko: Allegorie der freien Künste"). G e i s 1 e r, H. : (Besprechung der Ausstellung) In: Kunstchronik, NIX, 1966. 161 : „Bei der Thematik des Blattes von Palko erhebt sich die Frage, ob es sich nicht um ein Projekt für den Grafen Brühl handelt. Die Malereien gingen bald nach der Vollendung bei der Belagerung Dresdens im Siebenjähiigen Kriege zugrunde."