Radocsay Dénes - Gerevich Lászlóné szerk.: A Szépművészeti Múzeum közleményei 36. (Budapest, 1971)
SEVERIN, HANS-GEORG: Oströmische Reliefs mit Darstellungen des Abrahamsopfers
íiaer Oktateuch. 72 Der Autor ging davon aus, daß das hohe Format des enkaustischen Bildes zu mehreren kompositionellen Veränderungen gezwungen habe. Es leuchtet ein, daß der auf zwei Beinen stehende Widder seine ungewöhnliche Haltung der Enge des Formats verdankt. 73 Daß aber, wie K. Weitzmann annahm, auch Isaak nur durch äußerliche Notwendigkeit auf den Altar geraten sei, anstatt wie in der Oktateuch-Illustration vor dem Altar zu knien, 74 scheint angesichts der Bedeutung des Motivs nicht recht annehmbar. Der Sachverhalt klärt sich wahrscheinlich bei einer Gegenüberstellung mit dem Relief aus Kusadasi. Unterschiede im Einzelnen sind nicht zu übersehen, wobei manche Differenzen kompositioneil bedingt sein könnten. 73 Evident ist aber auch die Übereinstimmung in bezeichnenden Motiven der Figurentypen: Isaak kniet mit beiden Beinen (im Dreiviertelprofil gegeben) auf dem Altar, Abraham packt Isaaks Haar und hebt das Messer in senkrechter Haltung gegen (genauer: hinter) Isaaks Kopf. Angesichts dieser Entsprechungen in der Figurenkomposition möchte ich im Bild des Sinai-Klosters als ein bestimmendes Element und als Grundlage den justinianischen Bildtypus erkennen. Das wichtigste Anliegen der justinianischen Reliefdarstellung ist offenbar, den Glaubenseifer Abrahams zu zeigen. Er äußert sich in der eiligen Bereitwilligkeit, den Sohn zu opfern. In diesem Bildgedanken ist Isaaks Verhalten, seine Reaktion auf die bevorstehende Tötung, nicht von Belang. Die in der frühtheodosianischen Kunst so wichtige Einzelpersönlichkeit, ihre Würde und ihr Ethos, die sieh darstellen in der kompakten Körperlichkeit, in der zwanglosen bzw. Selbstgefühl anzeigenden Haltung und in der «klassisch» gestimmten plastischen Durchbildung jeder einzelnen Figur, haben hier nichts mehr zu bedeuten. Körper sind unter den Gewändern nicht mehr faßbar; es wird aber auch nicht das bewußte Verhalten zweier selbständiger Persönlichkeiten gezeigt, sondern eine von Abhängigkeitsverhältnissen bedingte, «blinde» Ergriffenheit und Unterwerfung. Die für die justinianische Darstellung bedeutsame Heftigkeit der Bewegung Abrahams ist sehr anschaulich zur Erscheinung gebracht durch die spezifischen Mittel des Flachreliefs: Körper und Gewand sind durch Verflachung gleichmäßig übersichtlich gemacht, «ins Licht gesetzt», so daß die Zeichnung des Konturs und der Binnenlinien, der als Ausdrucksmittel eine neue Qualität zukommt, rein hervortreten kann. Offensichtlich ist gegenüber der frühtheodosianischen Kunst die Spanne der künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten eingeengt. Es kann aber nicht übersehen werden, daß die Beschränkung der künstlerischen Mittel einer Schrumpfung der Individualsphäre des Menschenbildes entspricht und daß die einfache Methode des Flachreliefs eine hohe Eindrücklichkeit der Darstellung im Sinne schneller klarer Lesbarkeit des Bildgedankes erreicht. HANS-GEORG SEVERIN (Berlin) 72 Ebenda S. 350, Abb. 15. 73 Ebenda S. 350. 74 Ebenda. Vgl. dagegen die Bemerkungen von Weigand,E. in: Byzantinische Zeitschrift 41, 1941, S. 152. 75 So erscheint z. B. das göttliche Zeichen in der rechten oberen Bildecke, d. h. aus der Richtung der Apsis; im Bilde der Opferung Jephthas am rechten Apsispfeiler erscheint das göttliche Zeichen entsprechend in der linken oberen Bildecke ; vgl. Weitzmann, K.: The Jephthah Panel ... a. O. Abb. 4.