Radocsay Dénes - Gerevich Lászlóné szerk.: A Szépművészeti Múzeum közleményei 26. (Budapest,1965)

MUSPER, H. TH.: Eine Kreuzigung von Dirck Baegert in Budapest

ziemlich zahm parallel zum Bildrand zu stellen, vom Ross des zweiten Reiters sind fast nur die Ohren zu sehen. Anders B.! Er kann es sich nicht versagen, einen Kriegsknecht oben auf die Leiter zu stellen, um dem linken Schacher mit einem schweren Hackmesser eine zu versetzen. Die Häupter Christi und der Schacher sind im Verhältnis zum Körper reichlich gross. Um Maria bemüht sich bei B. eine der Frauen in Burgunderhaube mit Sendelbinde. Sie ist diagonal in das Bild gestellt, während im linken unteren Eck eine weitere in schwarzem Goldbrokat und Karmin, ganz im Vordergrund be­findlich, alles Übrige in die Tiefe drückt. Mit ihr ist eine Entwicklung vorgezeichnet, die in den beiden zusammengehörigen Tafeln in München (Abb. 10) und Nürnberg 3 ganz deutlich wurde. Auf der Münchener Tafel ist mit Hilfe des diagonalen Schimmels ein energischer Tiefenstoss erreicht. Auf der Nürnberger Tafel ist die Gruppe um Christus ganz und gar asymmetrisch in den Vordergrund des rechten Ecks gestellt. D. hat oder hält das nicht für nötig, da er die Tiefe durch farbige und tonige, d.h. malerische Nüancierung erreicht. Auf Longinus ist bei B. verzichtet, an seiner Stelle kniet eine weitere auffallend hell gekleidete Klagefigur. In der Begegnung der beiden Reiter aber zeigt Baegert, was er kann. Sie ist das Beste im ganzen Bild. Reich in Hellkarmin ist die frontale, etwas gequetschte und gegenüber dem Pferd zu grosse Gestalt mit der bedauernden, in Rotviolett und Goldbrokat die bärtige mit der hinweisenden Gebärde gekleidet. Diese Begeg­nung ist auch das Faszinierendste an der Münchener Kreuzigung (Abb. 10). Der linke Schacher ist hier noch mehr differenziert und der rechte gar hat den konvul­sisch vorgebogenen Oberkörper so weit hochgereckt, dass das Haupt nach hin­ten fiel. Die Budapester Tafel lässt sich aber nicht nur Dirck Baegert zuschreiben, sie lässt sich auch an einer bestimmten Stelle seiner Entwicklung einordnen. Sie muss gegen Ende seiner Tätigkeit, aber vor der noch gewichtigeren, grossartigeren Münch­ner Fassung mit dem füllig gestaffelten Hintergrund und der drohenden schwarzen Gewitterwolke, also wohl gegen 1490 entstanden sein. Wesentlich früher angesetzt ist das breite Querformat der Dortmunder Propsteikirche, 4 das mit seiner Figuren­häufung Zusammenhänge mit westfälischer Malerei z.B. dem Schöppinger Meister aufweist. Hier ist u. a. links noch die Veronika mit dem Schweisstuch zugefügt und rechts im Gefolge des Hauptmanns eine Reihe von Personen, unter denen Josef und Nikodemus ausdrücklich mit Namen beschriftet sind. Der ungeheure Reichtum von Künstlern und Kunstwerken, bedingt durch die zahlreichen Länder und Kunstlandschaften im hl. Römischen Reich Deutscher Na­tion jener Zeit hat bisher verhindert, dem einzelnen Werk und seinem Meister immer Gerechtigkeit widerfahren zulassen. Wären wir ärmer, verhielten wir uns anders. Es wäre erfreulich, wenn die hier vorgetragenen Feststellungen ein wenig dazu bei­tragenkönnten, nicht nur der Budapester «Kreuzigung» neues Interesse zuzuführen, sondern auch Dirck Baegert etwas höher einzuschätzen als es bisher meist geschieht. H. TH. MUSPER (Stuttgart) 'Stange, A.: Deutsche Malerei der Gotik. Bd. 6. Abb. 106. 'Stange, A.: op. cit. Abb. 96.

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