Csánky Dénes szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 10. 1940 (Budapest, 1941)

Aladár Dobrovits: Statue einer ägyptischen Priesterin im Museum der Bildenden Künste

STATUE EINER ÄGYPTISCHEN PRIESTERIN IM MUSEUM DER BILDENDEN KÜNSTE Das charakteristische Material der nach Monumentalität strebenden ägyptischen Pla­stik ist der möglichst harte Stein, doch haben die ägyptischen Künstler auch in leichter zu bearbeitenden Materialien, in Bronze, Email und Holz monumentales und gleichzeitig ma­terialgerechtes geschaffen. Während jedoch die Bronzeplastik ständig den eigenen Ge­setzen unterworfen bleibt, gerät die Email­und Holzplastik unbewusst unter den Ein­fluss der Steinplastik. 1 Wenn auch die für das Alte Reich charakteristischen monumen­tal-realistischen und die für das Mittlere Reich typischen genrebildartigen Lösungen in der Holzplastik immer seltener werden, so kennen wir doch unter den Werken dieser Art aus späterer Zeit erstklassige Arbeiten. Unter diese gehört die bemalte Statue der Ägyptischen Sammlung des Museums der Bildenden Künste, die eine junge mit ge­schlossenen Beinen stehende Frau zeigt. (Bild 1—4.) 2 Die „en face" gezeigte schlanke Frauenfigur trägt ein weisses, Arme und Büste bedecken­des Gewand und kreuzt die ausgeheckten Hände über der Brust. Die glatte weisse Haube, die ihre dichten Locken zusammen­1 Bissing, Denkmäler ägypt. Plastik, Text zu Taf. 50. Vergl. jedoch Dobrovits, Harpok­rates, Probleme der aeg. Plastik, Disser­tationes in Honorem Dr. Ed. Mahler Bp. 1937. S. 113. 2 Oroszlán—Dobrovits: Az Egyiptomi Gyűj­temény, vezető (Die ägyptische Sammlung. Führer) Budapest 1939, S. 115. Schrank V. No. 1. Höhe 42, Breite 13, Tiefe 6 cm. Geschenk weiland Erzherzogs Josef. Ziemlich gut er­halten. Bemalung an verschiedenen Stellen abgenützt, im Holz sind mehrfach kleine Risse zu finden. Nase etwas beschädigt. Beide Füsse sind an der Fusspitze verstümmelt. Die beiden ziemlich gleichen Verstümmelun­gen lassen den Gedanken aufkommen, dass es sich hier um eine absichtliche Verun­glimpfung handelt, wie z. B. bei den sogenann­ten Konkubinen-Statuen üblich. Dem wieder­spricht die vollständige Bekleidung. Unter den Sohlen sind Spuren eines hölzernen Zapfens zu sehen. hält, erinnert an den „Klaft", die eigentüm­liche Haube der ägyptischen Könige, doch ist sie nicht wie jene, in voneinander mit schar­fen Kanten geschiedenen Flächen gebildet, sondern sie fällt weich, der Kopfform fol­gend, die grossen und abstehenden Ohren freilassend, unten abgerundet auf die Schul­tern und geht unter den Schulterblättern in der Mitte in einen blockartigen Teil über. Die beiden Enden des roten, die Haube an der Stirne zusammenhaltenden und am Nacken gebundenen Bandes fallen beiderseits auf die Schultern hinab. Das mit grossen Linien und doch fein gearbeitete Antlitz ist gelblichbraun; die schwarzen Konturen der Augen, Augenbrauen und Pupillen, der hell­gelbe Augapfel und die hellroten Lippen ge­ben ihm einen lebendigen, anziehenden und ausdrucksvollen Charakter. Die leichte Pro­gnathie, die schiefgestellten Augen, die et­was gebogene und trotz einer gewissen Flach­heit schmale Nase und die ein wenig gedun­senen Lippen betonen den ägyptischen Cha­rakter des an den Hathor-Kopf erinnernden Gesichts. 3 Unter der Last des Kopfes neigt sich der lange Hals über dem mit verschiedenen Nuancen von Blau bemalten Rundkragen etwas vor. Auch die Bearbeitung des Kör­pers ist grosszügig, nicht aufs Detail einge­hend, und stellenweise, z. B. am Rücken, et­was trocken. Das anliegende Gewand lässt die Formen des kaum entwickelten, jungen weiblichen Körpers ohne Übertreibung zur Geltung kommen. Die kleinen, aus dem leicht gewölbten Brustkasten hervorspringenden Brüste sitzen seitwärts und sind rund und spitzt geformt, der lange Oberkörper endet in schmalen Hüften, ein blaues Armband ziert das Handgelenk. Doch sind die Füsse, die unter dem Kleid sichtbar werden, form­los, flach; eine häufige, physiologisch wie 3 Die Harmonie des Gesichts wird durch die kleineren Assymetrien (beim Auge, bei den Ohren) nicht gestört.

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