Csánky Dénes szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 10. 1940 (Budapest, 1941)

Zoltán Oroszlán: Tanagrafiguren und ihre Genossen

funéraires dans l'art grec, Paris, 1911. pl. I) Auch im Orient kennen wir den Typus der Frauenfigur, die ihren Kopf bedeckt. (Aus Cyprus s. Encyclopédie photographique de l'Art, Louvre Vol. II. p. 160.) Nach Heuzey sind diese kleinen Statuen Symbole des „sak­ralen Schweigens". Meiner Ansicht nach kann man unseren Tanagrafiguren diese Bedeutung nicht zuschreiben; es sind Genre-Figuren, wie die anderen Mädchenstatuen, nur hat man sie in der, zu den kälteren Jahreszeit passenden Wintertracht verewigt. Diese Sta­tuen erinnern uns an die antike Beschrei­bung der Frauentracht von Thebai, die wir in unserer Einleitung anführten. 12. Eilende Frau; Kopf mit Umhang be­deckt. — (Abb. 7. Ziegelroter Ton. Höhe 11*3 cm. Der Kopf beschädigt, die rechte Hand und der rechte Fuss fehlen. Rückseite oberflächlich bearbeitet; Brennloch.) — Mit dem rechten Fuss kräftig ausschreitende, vorwärts eilende Frauenfigur. Gewand: bis zur Fusspitze reichender langer Khiton, dar­über kurzer Umhang, mit dessen Zipfel sie ihren Kopf bedeckt hat. Die rechte Hand ruht unter dem Mantel auf der Brust, die Linke auf der Hüfte. Der kleine Kopf ist stolz emporgehoben. Am Fuss Schuhe. Nur Spu­ren der einstigen weissen Deckfarbe vor­handen. Diese Statue ist eine neue Variation des vorhin erörterten Tanagra-Typs, und vermit­telt dem Betrachter trotz ihrer kleinen Masse die Idee des Hinvorteilens sehr eindringlich durch den Linienrythmus der Körper­silhouette, durch die meisterhafte Formung des zurückschwingenden Kleiderfalten und der zwischen den Falten hervortretenden Beinlinie. Unser Koroplastes löst hier die­selbe plastische Aufgabe, die in der Gross­plastik durch die Niké von Samothrake so vollkommen verkörpert wird, (Für den Typus siehe: Winter, Typen II. S. 37. Nr. 5. Heuzey: Les figurines antiques de terre-cuite du Mu­sée du Louvre, Paris, 1883, p. 18, pl. 27. No. 2. — Cartault: Deuxième Collection Le­cuyer, Paris, 1892, pl. 80. No. 6.) 13. Stehende Frau, Kopf mit Umhang be­deckt. — (Abb. 20. Ziegelroter Ton. Höhe 20"3 cm. Unbeschädigt. Breites Brennloch.) — Auf hohem runden, gegliedertem Sockel stehende Frauenfigur; schreitet mit linkem Fuss etwas aus. Kleidung: Khiton und darüber bis zum Knie reichender Mantel, dessen Zipfel sie Kapuzenartig über den Kopf gezogen hat. Die rechte Hand über dem Mantel auf der Brust liegend, die Linke auf der Hüfte. Aus ihrer einstigen reichen Bemalung fallen uns jetzt nur noch einige blaue Flecken am Man­tel und einige rote am unteren Teil des Khitons auf. Neuere Variante des vorhin schon in zwei Exemplaren mitgeteilten Tanagra-Typs. Durch gute Bearbeitung und richtige Maase sich auszeichnend. (Für den Typus siehe Winter, Typen II. S. 10. Nr. 2. und S. 41. Nr. 5., weiters Heuzey, p. 26. pl. 47. no. 3. und C. W. Lunsingh—Scheuerleer, Catalogus ... S. 125. pl. XXL 2. und S. 263. pl. LH. 3.) Doch ist diese Tracht nicht nur die, bei stren­gem Winter getragene Kleidung der Frauen von Tanagra, sondern auch die Tracht der Tänzerinnen, wie dies viele Exemplare ähn­licher griechischen Statuen beweisen. (S. Pot­tier: Diphilos... pl. XVII. 273. p. 26. Köster a. a. O. S. 46. Taf. 20—21. und Taf. 69. — Heydemann: Verhüllte Tänzerin. S. 12. Ke­kulé: Ausgewählte Terrakotten. Taf. XXII.) Unsere Terrakotten können also so gut Tän­zerinnen, als auch andere Frauen darstellen. 14. Stehendes Mädchen mit Gans. — (Abb. 39. Gelblichbrauner Ton. Höhe 156 cm. Be­schädigt, die rechte Ecke des Sockels fehlt. Rundes Brennloch.) — Auf niedrigem Sockel stehende, mit dem rechten Fuss vorschrei­tende. Mädchenfigur. Gewand: um die Brus! gegürteter Khiton mit breitem Überschlag, das Gesicht blickt lächelnd vor sich hin. Ihr Haar umrahmt das Gesicht in breiten Wellen und fällt auf die Schultern. Mit der Linken drückt sie eine den Hals vorstre­ckende Gans an sich. Das Kleid war ur­sprünglich blau, das Gesicht und die Arme fleischfarbig, das Haar rotgefärbt, wie dies die vorhandenen Farbspuren zeigen. Das kleine, eine Gans oder einen anderen Vogel, oder einen Hasen in den Armen hal­tende Mädchen kommt häufig unter den griechischen Terrakotten vor. (S. Winter, Typen II. S. 75. Nr. 1—4. Heuzey, Figurines, pl. XXXV. Nr. 2.) Der Zusammenhang des zu reizvollen Gruppierungen Anlass geben­den Motivs mit dem Leda und Schwan-My­thos ist unzweifelhaft. Dass er aber auch ohne jede mythologische Beziehung, einfach als Genrebild zur Ausführung gelangen konnte, beweisen attische Grabmäler, wo mit Vögeln spielende kleine Mädchen ein sehr beliebtes Thema sind. (S. Die Stele der Mne­siptolemé, Conze: Attische Grabreliefs, pl. CLXI. N. 827. Collignon: Les statues funé­raires, Fig. 119—120. usw.) Unsere Figur ist als Geschenk in unseren Besitz gelangt, über ihren Fundort wissen wir nichts näheres, doch spricht ihr Material, und ihr Stil vielleicht von einer Herkunft aus Tanagra.

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