Petrovics Elek szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 9. 1937-1939 (Budapest, 1940)
Jolán Balogh: Studien in der alten Skulpturensammlung des Museums der Bildenden Künste. II.
chelangelo brauchte keine fremden Vorbilder zu suchen, denn er konnte den Antrieb zu seinem grossen Werke auch in den Arbeiten seiner Zeitgenossen finden. Das Relief (Abb. 131.) seines Meisters Bertoldo, die Gemälde der Schule Ghirlandaios (Abb. 135.) konnte er täglich betrachten. Die Voraussetzungen seines Werkes müssen in der florentinischen Kunst gesucht werden, in erster Linie in der Malerei, wo die einzelnen Motive der grossartigen Statue, wenn auch noch schüchtern und befangen,- doch bereits auftauchen. Das Pieta-Gemälde in den Uffizien (Abb. 134.), das man Jacopo del Sellaio zuschreibt, kann in vieler Hinsicht als der unmittelbare Vorläufer betrachtet werden. 1 " 3 Solche und ähnliche Denkmäler waren es, die den jungen Michelangelo 104 angeregt haben. viel vom ersten und dritten Typus hier wiederkehrt?" — Fritz Knapp (Michelangelo. München, 1923. S. 17.): „Zunächst das Motiv muss betont werden, dass dieses der italienischen Renaissance durchaus fremd war. Es muss nordischen Ursprungs sein, und wir kommen zur Vermutung, dass der Auftraggeber, Kardinal Rohan, der ein Franzose war und als Nordländer das Motiv gewiss kannte, die Angaben gemacht hat. Vielleicht hat Michelangelo bei ihm eine nordische holzgeschnitzte Pietà gesehen." — C. Th. Müller (Zeitschrift für Kunstgeschichte. 1937. S. 394.): „die Wiederkehr der Formvorstellung des nordischen Vesperbildes bei Michelangelo." m yji T können die Kontinuität der Traditionen bis in das 14, Jahrhundert zurückverfolgen. Die toskanische Trecento-Pietà im Museum zu Trapani (Körte op. cit. S. 8.) kann als das erste Kettenglied der zur Pietà Michelangelos führenden Entwicklung betrachtet werden. 194 Nachahmungen und Kopien der Pietà Michelangelos: Statue von Nanni di Baccio Biagio. Firenze, S. Spirito (Steinmann, E.: Michelangelo im Spiegel seiner Zeit. Leipzig, 1930. Taf. XXIIL); Statue von Nanni di Baccio Biagio und Lorenzetto. Roma, S. Maria dell' Anima (Steinmann op. cit. Taf. XXIV.); die Bronzekopie von Gregorio Rossi, Roma, S. Andrea della Valle (Steinmann op. cit. Taf. XXV.); Gemälde von Dono Doni im Dome von Gubbio (Cclasanti, A.: Gubbio. Bergamo, 1905. p. 94.); Pietà-Statue des Ippolito Scalza im Dome zu Orvieto (Venturi op. cit. X/3. p. 978.); Pietà-Statue des Montorsoli in Genova, S. Matteo (Venturi op. cit. X/2. p. 123.); Relief am Grabmale des Domherrn Johann von Hatstein in Mainz (Börger, H.: Grabdenkmäler im Maingebiet. Leipzig, 1907. Taf. 26.); Relief der Slg. Schnüttgen in Köln (Witte, Fr.: Die Skulpturen der Sammlung Schnüttgen in Köln. Berlin, 1912. Taf. 40.); Pietà-Statue von Hubert Gerhard, München, Michaelskirche (Kunst und Kunsthandwerk. XXI. 1918. S. 125.). Der Einfluss der Pieta-Gemälde und Reliefs ist in den Werken des kleineren und bescheideneren Meisters, Giovanni della Robbia und seiner Werkstattgenossen in erhöhtem Masse zu spüren. Das Berliner Gemälde (Abb. 133.) Jacopo del Sellaios wurde in Robbias Werkstätte fast genau kopiert (Paris, Musée des Arts décoratifs, farbiges Terracotta-Relief). 195 Das Fresko des Torrione di S. Rosa (Abb. 135.) hat der New-Yorker Pietà 196 (Bonaventura Gallery) als Vorbild gedient. Das Gemälde in den Pariser Musée Jacquemart André (Abb. 138.) und das Fresko im Bargello (Abb. 139.) bereiteten Giovannis Pietà-Relief (1514—15) vor, das sich im Museo Nazionale zu Florenz (Abb. 140.) befindet. Die Pietà in San Feiice zu Florenz (Abb. 132.) zeigt hingegen den Einfluss des erschütternden Reliefs 197 von Bertoldo (Abb. 131.). Dieses Werk Giovannis hat auch der Plakette im Berliner Kaiser Friedrich Museum als Vorbild gedient. 190 Giovanni della Robbias beliebte und oft wiederholte Werke führen zu den Terracotta-Pietàs hinüber, die in der zweiten Hälfte des 16. und in der ersten des 17. Jahrhunderts entstanden sind. Giovannis Pietà-Kompositionen, die sich in San Vivaldo, beziehungsweise in der Bostoner Gardner Sammlung (Abb. 136.) befinden, dienten für das Relief 199 in der Osservanza zu Siena (Abb. 137.) als Vorbild. Das Motiv der Pietà im Bargello (Abb. 140.) hingegen wiederholt sich in der Terracotta-Statue von San Giovanni Valdarno (Abb. 141.) Hier fügt sich, als ein spätes Kettenglied der Entwicklung, die Pietà-Statue unseres Museums (Abb. 142.) ein. Wir haben mit Rücksicht auf unsere Statue die florentinische Entwicklung verfolgt, selbsverständlich hat sich aber die Ausbildung der selbständigen Pietà-Kompositionen nicht nur auf Florenz beschränkt, sondern es haben ähnliche Erscheinungen sich gleich1911 Loeser, Ch.: L'Art italien au Musée des Arts décoratifs. Gazette des Beaux Arts. 1908. Vol. 40. p. 413. 198 Marquand, A.: Della Robbias in America. Princeton, 1912. p. 125. 187 Körte (op. cit. S. 84—85.) leitet die Pietà-Gruppe von S. Feiice irrtümlich von nordischen (burgundischen und deutschen) Vorbildern ab. 198 Bange, E. F.: Reliefs und Plaketten. Berlin—Leipzig 1922. No. 35. (Staatliche Museen zu Berlin). 199 Früher wurde das Werk Cieco da Gambassi, neuerdings Giovanni di Paolo Neri zugeschrieben (Bertarelli, L. V.: Guida d'Italia del Touring Club Italiano. — Toscana. Milano, 1935. p. 458.)