Petrovics Elek szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 9. 1937-1939 (Budapest, 1940)

Jolán Balogh: Studien in der alten Skulpturensammlung des Museums der Bildenden Künste. II.

merischer Sehnsucht erfüllten Jünglingsge­stalten 100 auf dem Gemälde „Anbetung der Könige" (Uffizi) und auf der dazugehöri­gen Skizze, hatten den Meister stark beein­flusst. Die gemeinsamen leonardesquen Mo­tive hingegen, die sehnsüchtige Empfindsam­keit des Ausdruckes und die gleiche Model­lierung der Haare, 107 verknüpfen die schöne Statue mit unserem Engelskopfe. Als Ursprungsort des folgenden Stückes, einer Frauenbüste (Abb. 80), wurde abwech­selnd Florenz und Siena genannt. Pulszky hielt sie für eine florentinische Arbeit, Schub­ring verlegte sie in die Werlcstätte Andrea della Robbias, Simon Meiler schrieb sie wie­der — augenscheinlich wegen des gefühl­vollen Gesichtsausdruckes — einem siene­sischen Meister zu. 108 Tatsächlich ist der Gesichtstypus mit den niedergeschlagenen Augenlidern, der einen passiven, beschauli­chen Charakter und eine in sich versunkene Empfindsamkeit ausdrückt, in der florentini­schen Kunst ungewohnt und kann mit de­ren lebhafter Unmittelbarkeit schwer ver­eint werden. Aber gerade diese Eigentümlich­keiten, die träumerische Gefühlswelt, die starke Passivität des Gesichtsausdruckes, die etwas schwerfällige, provinzielle Einfach­heit der Formen kennzeichnen die Kunst Matteo Civitales aus Lucca, der dem Geiste der florentinischen Kunst schon etwas ferne stand. Die allgemeinen Zusammenhänge wer­den noch durch die Ähnlichkeiten bestärkt, die sich zwischen dem Kopftypus unserer Büste und den Werken Civitales erkennen, lassen. Civitales Madonna della tosse (Abb. 81.) in S. Trinità zu Lucca, scheint mit ihrem ovalen Gesicht und niedergeschlagenen Augenwimpern, eine in Marmor gemeisselte, grosszügige Variante unserer Büste zu sein, 109 Die Stilverwandtschaft zwischen un­serer Büste und den Köpfen Civitales ist noch auffallender im Profil. Zum Beweis 108 Vgl. Bödmet op. cit. S. 14, 132. 107 Eine auffallende Eigentümlichkeit der Haarmodellierung, die neben dem Ohre her­vorwellende Haarlocke ist auf beiden Köp­fen identisch. 108 Lajstrom (Verzeichnis). 1896. S. 10. (flo­rentinische Schule, 15, Jahrh.); Schubring: Katalog der Bildwerke. No. 27. (im Stile des Andrea della Robbia); Schubring: Ital. Renaissanceplastik. S. 95. (Robbia Werk­statt); Meiler op. cit. No. 30. (sienesischer Meister, Ende des 15. Jahrhunderts); Ba­logh: Die alten Bildwerke. S. 201. (Matteo Civitale.) 109 Die Madonna auf dem Hl. Regulus Altar steht ihr gleichfalls nahe (Lucca, Duomo­Bode, W.: Denkmäler der Renaissanceskulp­tur Toscanas. München, 1892—1905. Taf. 374.). bilden wir die Profilansichten unserer Büste (Abb. 84, 86) und einiger Werke Civitales ab, nämlich das Fede-Relief (Abb. 83.) in Flo­renz, den Erzengel Gabriel (Abb. 82.) in New­York und ein marmornes Bildnis-Relief 11 " (Florenz, Museo Nazionale — Abb. 85.) Der Gesichtsausdruck, die Gesichtsformen, ja so­gar die glatte, jedes Detail vermeidende Modellierung sind fast identisch, so dass kaum daran gezweifelt werden kann, dass die Budapester Frauenbüste auch ein Werk Ci­vitales ist. 111 Das grosse, ganzfigurige Terracotta-Ma­donnenrelief 112 (Abb. 89.) unserer Sammlung, welches die Inschrift „TARSIA FECIT FIERI HOC OPVS MD..." trägt, gehört nicht mehr in den Kreis der toskanischen Skulptur, steht jedoch mehr oder weniger unter deren Einfluss. Der Oberteil des Re­liefs, die Einstellung der Maria und des Kindes ahmt eine bekannte Komposition Benedetto da Majanos nach, wenn auch mit kleinen Veränderungen und im Gegensinne. Die in vielen Exemplaren 113 bekannte Kom­position Benedettos geht hingegen auf eine 110 Vgl. ferner mit den Werken des Civi­tale, publiziert in den Aufsätzen von Valen­tiner und Maclagan (Valentiner, W. R.: Mat­teo Civitale. Art in America. II. 1914. p. 186—200. Fig. 4, 5.; Maclagan, E.: Italian sculpture of the Renaissance. Cambridge, 1935. p. 158.). 111 Der Neffe Civitales, der jüngere Matteo (Masseo) hat auch — mehr oder weniger — die Typen seines Oheims wiederholt, aber mit weniger feinen Formen und schwerfäl­liger Modellierung. (Vgl. die Himmelfahrt Maria. — Lucca S. Frediano.) Die weibliche Büste unserer Sammlung unterscheidet sich von den Werken des jüngeren Matteo eben durch den zarteren, gefühlsvolleren Ge­schichtausdruck und die feinere Modellie­rung. 112 Lajstrom (Verzeichnis). 1896. S. 5. (umbro-toskanische Schule, 14. Jahrh.); Schubring: Katalog der Bildwerke, No. 52. (umbrisch, um 1400); Schubring: Ital. Re­naissanceplastik. S. 102. (sienesisch-umbri­sche Arbeit um 1450. Die Jahreszahl der Inschrift liest er folgenderweise: „MC..."); Melier op. cit. No. 35. (umbrischer Meister, Mitte des 15. Jahrhunderts); Balogh: Die alten Bildwerke, S. 201. (umbrischer Meister nach Benedetto da Majano). 113 Berlin, Kaiser Friedrich Museum (Kat. Schottmüller, 1933. S. 71. No. 1581.); London, Victoria and Albert Museum (Kat. Macla­gan—Longhurst, 1932. p. 57. No. 5—1890.); Budapest, Sammlung E. Delmár; Sammlung Benson (Burlington Fine Arts Club. Cata­logue of a collection of italian Sculpture and other plastic art of the Renaissance. London, 1913. p. 34. No. 9.); Perugia, Cattedrale (Marie op. cit. XIV. The Hague, 1933. p. 151.).

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