Petrovics Elek szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 9. 1937-1939 (Budapest, 1940)
Jolán Balogh: Studien in der alten Skulpturensammlung des Museums der Bildenden Künste. II.
schon manche eine Auffassung zeigen, die sich dem Barock stark zuneigt. 84 In jüngster Zeit wurden in Verbindung mit dem einen oder anderen Stück verschiedene Namen genannt, 95 jedoch mit geringer Uberzeugungskraft. Auf Grund der Stileigenschaften des Exemplares der Sammlung Wallace meinen wir, dass diese — sowie das verlorengegangene Original, — bezüglich des Kopftypus 96 (vgl. Abb. 68—70.) und der schichtenartigen Felsdarstellung dem Stile Verrocchios nahe steht. Der Prototyp der St. Johannesfigur, welchen man dann im Laufe der Zeit mit wechselnder Stilauffassung nachahmte, dürfte also in Verrocchios Kreise 67 entstanden sein. Dieses Problem berührt aber die Terracotta-Statuette unserer Samlung eigent94 Die chronologische Reihenfolge der bekannten Exemplare ist ungefähr die folgende: Sammlung Wallace (Catalogue 1931. Pl. 15.). Ende des 15. Jahrhunderts; Berlin, Kaiser Friedrich Mus. No. 284. Kopie im Gegensinn, vom Anfang des 16. Jahrhunderts; Exemplar in der ehemaligen Sammlung Oriola (Auktionskatalog. Amsterdam, Mulier. 1932. No. 48.) Variante im Gegensinn, vom Anfang des 16. Jahrhunderts; Exemplar der ehemaligen Sammlung Weinberger (Jahrbuch der kunsthist. Sammlungen in Wien. N. F. Bd. III. 1929. S. 84., Valentiner, W. R.: Catalogue of an exhibition of Italian Gothic and early Renaissance sculptures. Detroit, 1938. No. 70.) Kopie aus der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts; Firenze, Museo Nazionale (Venturi op. cit. X/l. p. 74.) Variante aus der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts; Exemplar der ehemaligen Sammlung Bardini (Zeitschrift für bild. Kunst. 1902. S. 3.) Kopie aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts; London, Victoria and Albert Museum. No. 7575/1861. (Catalogue. 1932. Pl. 61.) Kopie des Berliner Exemplars aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts. 85 Planiscig attribuiert die Replik Bardini dem Francesco di Giorgio, die Replik Weinberger dem Giacomo Cozzarelli (Jahrbuch der kunsthist. Sammlungen in Wien. N. F. Bd. III. 1929. S. 83—84.), und Venturi das Exemplar des Bargello dem Giovanni Francesco Rustici (op. cit. X/l. p. 72.). Middeldorf identifiziert den Meister der Johannes-Statuetten mit Baccio da Montelupo (Kat. Schottmüller 1933. S. 146.) und zwar auf Grund der Sebastian-Statue der Badia von S. Godenzo (vgl. Rivista d'Arte. 1909. p. 133.) 90 Vgl. mit den folgenden Werken des Verrocchio: Hl. Thomas (Firenze, Orsanmichele), die linke Jünglingsfigur auf dem Relief: Enthauptung Johannes des Täufers (Museo dell'Opera del Duomo), die Engel des Grabmals Forteguerri (Pistoia, Duomo), Terrakotta-Entwürfe des Grabmals Forteguerri (Louvre). 97 Auch Maclagan neigt sich dieser Ansicht (Maclagan —Longhurst op. cit. p. 88.: „The master of the statuettes of Saint John, school of Verrocchio?"). lieh nicht, weil wir von vornherein feststellen müssen, dass unser Stück mit keinem Exemplar, das in der Literatur angeführt wird, in Verbindung gebracht werden kann. Sie weichen alle, was den Kopftypus und die Darstellung der Umgebung (Felsen usw.) betrifft, stark von unserer Statuette ab. Es sind nur gewisse Themen- und Auffassungsübereinstimmungen vorhanden, der Stil jedoch stammt von verschiedenen Künstlerpersönlichkeiten. Wir müssen also versuchen, das Rätsel unserer Statuette unabhängig von den übrigen St. Johannes-Figürchen zu lösen. Das liebliche Motiv unserer GiovanninoStatuette und nochmehr die frische, unmittelbare Verwirklichung der Idee ist noch völlig vom Geiste des Quattrocento durchdrungen. Der Künstler hat die jugendliche Gestalt des Johannes des Täufers, der an einer rauschenden Quelle Erholung sucht, mit wirklich glücklicher Eingebung geformt. Um den Heiligen zauberte er, von feinem Gefühl geführt und mit reinen bildhauerischen Mitteln, eine liebliche, landschaftliche Umgebung. Es gelang ihm, die Stimmung der Natur wachzurufen und dabei gleichzeitig das Gleichgewicht der bildhauerischen Komposition zu wahren. Sein Werk bildet eigentlich einen Übergang vom Hochrelief zum Standbild. Den Ursprung seiner Landschaftsdarstellung müssen wir ebenfalls in der Relief-Skulptur suchen. Wir finden in den Reliefs Benedetto da Majanos, der den malerischen Stil Ghibertis weiterentwickelt hat, eine ähnliche Auffassung, ähnliche Landschaftsschilderung, ja sogar ähnliche Motive, wie zum Beispiel die plastische Darstellung des herabfliessenden Bachwassers auf dem Relief, das die Stigmatisierung des Heil. Franziscus darstellt. (Kanzel in Florenz, S. Croce um 1475). Es können auch Gemälde mit ähnlichen Motiven eingewirkt haben, wie die bukolischen Landschaften Benozzo Gozzolis (Schäferszenen der Kapelle des Palazzo Medici, um 1459), oder das Bild aus der Schule Verrocchios, das die Begegnung zwischen Jesus und dem kleinen Giovannino darstellt (Berlin, Kaiser Friedrich Museum), 88 oder das Gemälde „Die Vision des Hl. Bernhard" von Filippino Lippi (Firenze, Badia). In der Gestalt und zumal in dem Kopftypus des Giovannino ist einigermassen der Einfluss Verrocchios und seiner Werkstätte fühlbar. Das begeisterte, kindliche Profil des jungen Heiligen (Abb. 67) 98 Marie op. cit. XI. The Hague, 1929. p. 166—167, 563.