Petrovics Elek szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 9. 1937-1939 (Budapest, 1940)
Jolán Balogh: Studien in der alten Skulpturensammlung des Museums der Bildenden Künste. II.
Namens weichen die Ansichten weit auseinander. Man hat Lorenzo Marrina, 70 Giovanni di Stefano, 71 dann wiederholt auch Vecchietta 7- genannt, doch mit wenig überzeugender Kraft. Die zwei ersten Meister können kaum in Betracht gezogen werden, und die Frauenköpfe des dritten sind viel steifer und härter gearbeitet. 73 "Wenn wir jedoch das Budapester Relief als Ausgangspunkt wählen, so scheint dieses den Werken Francesco di Giorgios am nächsten zu stehen.- Dem sanften, träumerischen, in feinen Schleiern gehüllten Madonnenkopf begegnen wir auf mehreren Werken Francesco di Giorgios, beispielsweise auf der Madonna der Pinacoteca in Siena und auf den Bildern, die Mariens Krönung (Abb. 47.) und die Anbetung des Jesu Kindes 74 (Abb. 48.) darstellen. (Siena, R. Pinacoteca.) Der Schleier,ider vom. Kopf a herabfallend einen zarten Hintergrund bildet, wiederholt sich als charakteristische Eigentümlichkeit sowohl auf den Gemälden als auch auf dem Relief. Die kurzfüssigen Bambinos jener Bilder, die die Anbetung des Kindes darstellen (Siena, S. Domenico und R. Pinacoteca) sind die Geschwister des Bambino auf unserem Relief und wiederholen sogar dessen schüchterne, segnende Gebärde. Bezüglich des Kopftypus und der Faltenführung steht es auch . der schönen Berliner MarmorWerke des Antonio di Chellino. Venturi (Storia dell'arte italiana. Vol. VI. Milano, 1908. p. 671.) attribuiert sie einem, dem Mino da Fiesole nahestehenden Meister. Luigi Serra (L'arte nelle Marche. Vol. II. Roma, 1934. p. 169.) hält das Relief von Pesaro im allgemeinen für ein gutes toskanisches Werk. 70 Courajod, L.: Récentes acquisitions du Musée de la sculpture moderne au Louvre. Gazette des Beaux Arts. Tom. 23. 1881. p. 206. 71 Burckhardt, J. —Bode, W.—Fabriczy, C. von: Der Cicerone. X. Aufl. II. Teil. Leipzig, 1909—1910. S. 494. 72 Valentiner, W. R.: Marble Reliefs by Lorenzo Vecchietta. Art in America. 1924. p. 55.; Vigni, G.: Per il „Maestro dei Piccolomini". Rivista d'Arte. 1936. p. 367—374.; Vigni, G.: Lorenzo di Pietro detto il Vecchietta. Firenze, 1937. p. 81. 73 Vgl. die Heilige auf der Himmelfahrt Maria von Pienza (UArte 1938. p. 103. Fig. 5.). 74 Vgl. noch den Kopftypus der Madonna mit der Maria auf dem Gemälde „Entkleidung Christi" in der R. Pinacoteca, Siena. Auch das vor kurzem publizierte Madonnenbild (Amiens, Musée de Picardie) zeigt manche verwandte Züge mit dem Budapester Relief, besonders in den Kopftypen und in der Faltenbehandlung (vgl. Pope —Hennessy, J.: Francesco di Giorgio, two Madonnas and an altarpiece. The Burlington Magazine. 1939. p. 235. Pl. II. D.). madonna 70 (Abb. 49.) nicht ferne, die man heute bereits allgemein als authentisches Werk Francesco di Giorgios betrachtet. Die ungewöhnliche Komposition unseres Reliefs, sein dichterisches Motiv, die sanfte Gefühlsinnigkeit und die zarten Detailformen stimmen alle mit Francesco di Giorgios ausdrucksvoller, zarter, für neue Gedanken empfänglicher Kunst überein. Das verlorene Marmorrelief 70 könnte sein Werk gewesen sein. Das Exemplar unseres Museums ist hingegen eine Werkstattkopie, das unmittelbar nach dem Original angefertigt wurde. Die tiefe Formkultur und gefühlvolle Seelenwelt der sienesischen Bildhauerei spiegelt sich auch in der lebensgrossen Figur des Erzengels Gabriel (Abb. 52—53, 55.) unseres Museums wieder. Ihr Aufbau, die weiche Neigung der Gestalt, die entgegengesetzte Stellung der Gliedmassen, die zögernde Bewegung des rechten Beines und die weichgeschweiften Gebärden der Arme gehorchen einem wunderbar fein en, fast musikalischen Rythmus. Die Falten des Gewandes fliessen weich nieder, betonen durch senkrechte Linien die stützende Rolle des linken Fusses und folgen, sich sanft anschmiegend, der langsamen Bewegung des rechten Beines. Die breiten Schwingen der mächtigen Flügel umrahmen den feinen Kopf. Alldies begleitet zart den rythmischen Aufbau der Gestalt. Die Komposition der Statue folgt im Wesentlichen noch dem Typus Quercias, dem Erzengel Gabriel von San Gimignano oder noch eher der etwas späteren Holzfigur 77 im Berliner Kaiser Friedrich Museum, allerdings in einem ein halbes Jahrhundert späteren Stile. Schubring hat den Budapester Engel 78 mit Vorbehalt Cozzarelli zugeschrie70 Schottmüller op. cit. II. Aufl. S. 93. Zu diesem Berliner Relief — wie es schon öfters bemerkt wurde —- steht das Madonnenbild der Sammlung Castelli —Mignanelli in Rom (Rassegna d'Arte 1913. p. 124.) sehr nahe. Es weist auch dem Budapester Relief verwandte Züge auf. 70 Unter dem Einflüsse der Komposition Francesco di Giorgios ist auch das MadonnenRelief in S. Francesco zu Siena entstanden. (Schubring: Die Plastik Sienas. S. 75.) 77 Schottmüller, Fr.: Die italienischen und spanischen Bildwerke der Renaissance und des Barock. Bd. I. Die Bildwerke in Stein, Holz, Ton und Wachs. II. Aufl. Berlin, 1933. S. 85. No. 198. 78 Lajstrom (Verzeichnis). 1896. S. 10. (florentinische Schule, 16. Jahrh.); Fabriczy: Krit. Verzeichnis, S. 57. No. III. 9. (umbrosienesisch. vom Anfange des 16. Jahrhunderts). Schubring: Kat. der Bildwerke. No. 49. (Siena, Ende des 15. Jahrh.); Schubring: Ital. Renaissanceplastik. S. 92. (Cozza-