Petrovics Elek szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 9. 1937-1939 (Budapest, 1940)

Jolán Balogh: Studien in der alten Skulpturensammlung des Museums der Bildenden Künste. II.

lung Wittmann. Wir seben hier eine interes­sante und ungewohnte Komposition; das Motiv des Bambino, der wagrecht auf dem rechten Arm Mariens ruht. Das gleiche Motiv wiederholt sich, wenngleich mit spä­terem Faltenwurf und Kopftypen, auf einem Fresko in Siena, im Hintergrunde einer Komposition Priamo della Quercias, im Os­pedale della Scala (Abb. 43.). Das Datum dieses Wandbildes, 1443, bestimmt auch die Entstehungszeit der Wittmannschen Ma­donna, die man noch etwas früher ansetzen muss. Der terminus post quem hingegen wird durch das Datum der Annunziata Quercias in San Gimignano, 1421, gegeben. Wahrscheinlich wurde die Statue zwischen 1421 und 1443 modelliert, und zwar von einem sienesischen Meister, der Quercia nahe stand und durch dessen herrlich­schöne Annunziata in San Gimignano be­einflusst war. (Vgl. Abb. 40—41.) Das schwarz bemalte Madonnenrelief aus Stucco (Abb. 50.), das ebenfalls einem fikti­ven, als Sammelbegriff dienenden Künst­ler, dem Piccolomini-Meister, zugeschrieben wird, 65 führt uns in die spätere Epoche der sienesischen Skulptur, in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts. Schubring 60 hat diesen Meister auf Grund einer Serie von Madon­nenreliefs rekonstruiert und auch das Stück unseres Museums unter seine Werke eingereiht. Die übrigen Reliefs sind alle Marmorarbeiten. 97 Die zwei besten darun­ter, eines im Louvre, das aus Piacenza stammt, und das Relief der Chigi —Saracini­Sammlung, tragen das Wappen der Piccolo­mini. Daher erhielt unser Sieneser Meister diesen Namen. Die Madonnenserie kann je­doch, obgleich alle Exemplare den gleichen Typus zeigen, nicht das Werk eines und des­65 Lajstrom (Verzeichnis). 1896. S. 4. (Scnü­ler Donatellos); Schubring: Katalog der Bild­werke. No. 48. (der Piccolomini Meister, um 1480); Schubring: Ital. Renaissanceplastik. S. 99. (der Piccolomini Meister, um 1470); Schubring, P.: Die italienische Plastik des Quattrocento. Berlin —Neubabelsberg, 1915. S. 186. (der Piccolomini Meister); Meiler op. cit. No. 57. (der Piccolomini Meister); Ybl op. cit. S. 519. (der Piccolomini Meister); Balogh: Die alten Bildwerke. S. 202. (nach Francesco di Giorgio). w Schubring: Die Plastik Sienas. S. 155. 07 Paris, Louvre; Siena, Sammlung Chigi­Saracini; Pesaro, Museo Oliveriano; Firenze, Mus. Bardini; New York, Metropolitan Mu­seum of Art (früher Sammlung Davis) ; Paris, Sammlung Arconati-Visconti; Berlin, Samm­lung Schweitzer; London, Victoria and Al­bert Museum. Eine Terrakotta (oder Stucco?) —Variante in Figline, Casagrande dei Ser­ristori (Fot. Alinari No. 41.420.). selben Meisters sein, worauf schon mehrere Forscher hingewiesen haben. 68 Die Marmor­reliefs weichen voneinander nicht nur in der Qualität, sondern auch in den Gesichtstypen ab. Dies gilt für unser Relief noch im ver­stärkten Masse. Mit den beiden Marmor­exemplaren, den Reliefs im Louvre und in der Sammlung Chigi —Saracini, verglichen, können wir feststellen, dass die Komposition unseres Reliefs weitaus harmonischer und vollkommener ist. Sie wird unten nicht durch eine Balustrade und ein Inschrif­tenband abgeschnitten. Die Madonna legt das Kind nicht auf die Brüstung, sondern in die Mulde ihres Mantels, während ihre schlanke, zerbrechliche Gestalt sich unter der Schwere der teuren Last beugt. Die dichterische Ausbeutung dieses Motives fehlt auf den Marmorreliefs gänzlich. Vergebens suchen wir auf diesen auch die reinen, aus­drucksvollen Gesichtstypen unseres Reliefs, das Spiel der Falten, die die Körperfor­men umfliessen, und die feine, fast durch­sichtig anmutende Modellierung des Kopf­schleiers. Auf den Marmorreliefs erscheint dies alles viel steifer und härter, ja die Linien­führung des Schleiers ist unverständlich und verwirrend. Das Budapester Stucco-Relief besitzt eine bedeutend höhere Qualität, kann also — obgleich es aus einfacherem und bil­ligerem Material hergestellt ist — nicht bloss für eine Kopie der Marmorreliefs gehalten werden. Alle zusammen scheinen die Wieder­holungen desselben Originals zu sein, das verloren gegangen ist und dessen Komposi­tions- und Detailfeinheiten unser Exemplar am treuesten bewahrt hat. Um das Geheim­nis des Piccolomini-Meisters zu lösen, darf also nicht von den Marmorreliefs ausgegan­gen werden, wie die ausländischen Forscher es getan haben, sondern von der Stucco­Madonna unserer Sammlung. Die Forscher stimmen darin neuestens allgemein über­ein, dass der unbekannte Meister ein Sie­neser 69 ist, aber bei der Feststellung des (iS Bode, W.: Denkmäler der Renaissance­Skulptur Toscanas. München, 1892—1905. S­159.; die Kritik Fabriczy's vom Buche des Schubring (Die Plastik Sienas) Repertórium für Kunstwissenschaft. XXXI. 1908. S. 385.; Valentiner, W. R.: Marble Reliefs by Lorenzo Vecchietta. Art in America. 1924. p. 55.; Ybl op. cit. S. 519. 09 Bode (Denkmäler S. 159.) leitet sämtliche Repliken von einem donatellianischen Proto­typus ab, bemerkt aber, dass die Marmor­exemplare von verschiedenen sienesischen Meistern stammen. Fabriczy (Antonio di Chellino da Pisa. Repertórium für Kunst­wissenschaft. XXIX. 1906. S. 382.) hält die Reliefs .— mit einigem Vorbehalt — für die

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