Petrovics Elek szerk.: Az Országos Magyar Szépművészeti Múzeum Évkönyvei 8. 1935-1936 (Budapest, 1937)

Dionys Csánky: Tafelmalerei von Szepeshely (Zipser Kapitel) im XV.—XVI. Jahrh

zehnt des XVI. Jahrhunderts der pathe­tische Zauber und die romantische Welt der Donauschule und führt den für heitere Farbenwerte und für Humor überhaupt nicht unempfindlichen Meister realistischen und dynamischen Kompositionsversuchen zu, welche uns sein, hie und da merkbares Unvermögen, mit schweren Problemen fertig zu werden, gerne vergessen lassen. In weitem, über die ganze Zips reichenden Wirkungsradius übt er seine künstlerische Tätigkeit aus, arbeitet sogar — worüber wir bisher noch keine Kenntnis hatten — in Sáros, Kisszeben (Zeben, Sabinpy ; Ver­kündigung). Die grosse Nachfrage und die auch bei uns im zweiten Jahrzehnt des XVI. Jahrhunderts überhand nehmende Mode der Stichentlehnungen mag dieses ansonsten durchaus selbständige Talent dazu vermocht haben, sich dieser häufig bewährten Krücke gelegentlich auch zu bedienen. Auf den äusseren Passionsbildern seines reifsten Werkes, des Hochaltars von Káposztafalva (Kabsdorf, Hrabusice) hat er die Holzschnittblätter von H. L. Schäufelein aus dem 1507 in Nürnberg (U. Pinder) erschienenen Speculum passionis domini nostri Jhesu Christi in mehreren Fällen verwendet, worauf in der Literatur jüngst hingewiesen wurde. 1 Es konnten dabei die folgenden vier Entlehnungen nachgewiesen werden : Christus vor Pilatus, Geisselung, Dornenkrönung, Ecce Homo. Diesen können wir als fünfte die Szene mit Christus vor Kaiphas anreihen. Der ausgezeichnete Mei­ster hat aber diese übernommenen Flolz­schnittkompositionen durch originale Bild­gestaltung und individuelle Formentypen zu Gemälden von selbständiger Stilprägung umgeschaffen. So ragt auf der dritten Passionszene die Gestalt Christi aus der Gruppe der ihn fassenden Schergen bedeut­sam heraus ; zwei hinter ihm stehende Figuren lässt der Maler weg, während er links eine Hintergrundsgruppe hinzufügt, wodurch die Komposition lebendigere und aufgelöstere Formen gewinnt. Das Nürnberger Speculum gehörte in dem zweiten Jahrzehnt des XVI. Jahrhunderts zu den beliebtesten Leihquellen, was eine ganze Reihe von Fällen, ausser den be­kannten vier, noch drei bisher unbeachtete Übernahmen kund tun. Ausser dem oben behandelten Hochaltar von Káposztafalva kennen wir 2 noch derarte Entlehnungen auf Altarflügeln im Brucken­^ovr* v ' ----- ­1 Dr. Edith Hoffmann, a. a. O. S. 27. 2 Nach den Forschungen von Dr. Edith Hoffmann, a. a. O. S. 26—28. thal-Museum von Nagyszeben (Hermann­stadt), auf zwei Flügeln von Dovallo 1 in Budapester Privatbesitz und — der überaus flinken Übernahme wegen besonders be­merkenswert — auf der grossen Passions­folge von Garamszentbenedek, deren Her­kunft und das Datum (1510) auf der inneren Vir-dolorum-Tafel beim Nachweise dieser Stichentlehnungen unerwähnt blieb. Eine bisher unbekannte Speculum-Anleihe lässt der St.-Martin- und St.-Stephan Proto­martyr-Altar von Dovallo erkennen, auf welche ich im Slovenské Narodné Museum in Turócszentmárton stiess. Die leider stark beschädigten äusseren Passionsbilder der Altarflügel : Gefangennahme Christi, Ecce Homo und Kreuztragung sind den ent­sprechenden Blättern des Speculum ent­nommen, während die Handwaschung des Pilatus aus der 12. und 18. Szene kom­biniert erscheint ; und zwar derart, dass die rechte Seite des Bildes aus der Hand­waschungszene, die linke Seite aus der Szene mit Christus vor Pilatus entliehen ist. Dass von Divald 2 nur flüchtig und unrichtig erwähnte, neu aufgefundene Altar­werk gewinnt dadurch ein besonderes Inter­esse, dass die ebenfalls von Dovallo stam­menden und auf die Speculum-Entlehnung hin schon untersuchten Altarflügel 3 im Buda­pester Museum der Bildenden Künste zu den unbeweglichen Flügeln desselben Altares gehört haben. Die Zusammengehörigkeit kann ausser der gemeinsamen Herkunft noch durch dieselbe Malweise, die Aus­masse, die Reihung der Szenen, ja sogar durch das Rahmenprofil erwiesen werden. Der Altar, welcher übrigens eine provin­zielle Arbeit Zipser Bildschnitzer und Maler­gesellen ist, kann um 1520 entstanden sein. Der zweite unpublizierte Fall bezieht sich auf den Flügelaltar von Turócszentilona (Turc. Sv. Helena), dessen im Barock­geschmack übermalten Bilder um 1520—• 1525 in provinziell-manieristischer Vortrags­weise und bunter Farbenskala verfertigt worden sind. Von den beiden Innenbildern, Abendmahl und St. Helena finden wir auf dem ersteren, von den Aussenbildern : 01­1 Vorher im Besitze der Frau Nikolaus Miko. Die Speculum-Entlehnung des Kreuz ­tragungsbildes ist nicht zu erweisen, da bei verwandter Einteilung die Gruppierung der Figuren doch selbständig erscheint. 2 A. a. O. S. 661. Der Altar wird von Divald in das XV. Jahrhundert versetzt, das Atribut des Protomärtyrers St. Stephan irrtümlich mit dem heiligen Nikolaus von Myra in Beziehung gebracht. 3 Dr. Edith Hoffmann, a. a. O. S. 26.

Next

/
Thumbnails
Contents