Hedvig Győry: Mélanges offerts a Edith Varga „Le lotus qui sort de terre” (Bulletin du Musée Hongrois des Beaux-Arts Supplément 1. Budapest, 2001)

MAYA MÜLLER: Schönheitsideale in der Ägyptischen Kunst

stlern und als attraktive, nackte Sexualpartnerin des Verstorbenen dargestellt; sie ist die Vorläuferin der hellenistisch-römischen, nackten Aphrodite- oder Isisfiguren in Ägypten. Schliesslich wurden die Könige der 26.-30. Dynastie erstmals gemäss einem reifen, männlichen Schönheitsideal, das Körper und Gesicht insgesamt erfasst, porträtiert. SCHLUSSWORT Ein sexuelles oder erotisches Schönheitsideal wurde in der ägyptischen Kunst nicht um seiner selbst willen dargestellt. Es brauchte die Verbindung mit einer religiösen oder politischen Vorstellung, deren Inhalt dem Themenbereich der Sexualität im weitesten Sinn zugehörte, um darstellungswürdig zu sein - wir nannten dazu die Stichwörter Reproduktion, Neugeburt, Vitalität, Potenz, Befruchtung oder Spannkraft. Die Sexualität als Metapher der Kreativität ist ein besonderer Aspekt der ägyptischen Kultur, der im Bewusstsein sehr wohl vorhanden war, in der bildenden Kunst jedoch nur sparsam in direkter Weise als Eigenschaft des Körpers ins Bild gesetzt wurde; literarischen Ausdruck fand er in Form direkter Beschreibung körperlicher Vorzüge ebenfalls nur sparsam in den religiösen und erzählerischen Schriften von den Pyramiden­texten bis zu den ptolemäischen Tempelinschriften. Die Rolle Pharaos als Beweger und Befruchter des Kosmos und der Beiden Länder konnte seit der frühdynastischen Zeit zum Anlass genommen werden, den Körper und manchmal auch das Gesicht gemäss einem erotischen Schön­heitsideal darzustellen. Das weibliche Gegenstück dazu ist die Idee von der Göttin, die Verführerin, Gebärerin und Nährerin in einem ist. Sie kann sich in ganz verschiedenartigen Darstellungen verkörpern, mit oder ohne direkte göttliche Attribute, bei denen die Sexualauslöser in mehr oder weniger auffallender Weise in Erscheinung treten, sei es als mädchenhaft zarte, üppig-mütterliche, idolhaft abstrahierte oder realistische Gestalt. Ein drittes, typisch ägyptisches Konzept ist die Kombination von männlichen und weiblichen Merkmalen in ein und demselben, überwiegend männlichen oder weiblichen Individuum, das zugleich gegengeschlechtliche Merkmale besitzt und so die Ganzheit der Schöpferkraft in sich birgt. Oft ist es ein Mann mit weiblichen Elementen, denn die Ägypter hatten offensichtlich

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