T. Bereczki Ibolya (szerk.): GYERMEKVILÁG MAGYARORSZÁGON (Kiállítási katalógusok - Szentendre, Szabadtéri Néprajzi Múzeum, 2003)
zwei Jahre länger die Kindheit genießen. Sie wurden später in die schwere Bauernarbeit eingeweiht. Immerhin hatten die Kinder beim Viehhüten Gelegenheit zusammen zu spielen. Die Eltern und Großeltern fertigten für die Kinder kleine Werkzeuge: Hauen, Spaten, Recken, Mangeln, usw., damit sie die Arbeitsprozesse mit diesen erlernten. Sie brachten ihnen die Arbeit mit Geduld, mit ihrem persönlichen Beispiel bei, sie lobten die Kinder, um wenn sie müde wurden, ermutigten sie die Kleinen. Bis die Mädchen das heiratsfähige Alter, die Jungen das Soldatenalter erreicht hatten, mussten sie über alle Kenntnisse verfügen, die die lokale Gemeinschaft von ihnen erwartete und die ihnen das selbständige Leben erlaubten. In den Kriegen des 20. Jahrhunderts nahm die Bedeutung der Kinderarbeit zu. Frauen und Kinder ersetzten die Männer an der Front. Ein besonders schweres Leben hatten die Waisen, die unehelichen Kinder und die ältesten Kinder von kinderreichen Familien. Die Grund- und Mittelschulausbildung trug zum Erlernen der Wirtschaftskenntnisse ab zweiter Hälfte des 19. Jahrhunderts wesentlich bei. Ab den 1960-70er Jahren werden Kinder in den Familien kaum mehr zur Arbeit erzogen. Die Kinder haben selten Gelegenheit, die Ehre der Arbeit und das nötige Wissen zur Aufrechterhaltung der traditionellen Lebensweise von ihren Eltern zu lernen. KINDERSPIELE Der erste „Spielplatz" des Kleinkindes war die Stube des Wohnhauses. Das Bett, die „Hölle" (der Raum zwischen Ofen und Wand), das Kanapee und der Fußboden dienten ihm als Spielort. Wie es größer wurde, lernte es den Hof kennen, besetzte den Hof, wo er mit Küken, Hunden, Katzen und Lämmchen spielte. Kinder im Schulalter entdeckten ihre Umgebung: sie spielten auf der Straße, im Wald, in der Umgebung des Dorfes. „Gelegenheitsspielplätze" waren die Wiese, wo die Kinder die Gänse hüteten, oder der Acker nach der Ernte. Beliebt waren die Gewässer: sie konnten mit Sand oder Lehm spielen, aus Pflanzenteilen Spielzeug basteln, Boote „vom Stapel lassen." Heutzutage wird im Kindergarten und in der Schule gespielt. In den Pausen und vor dem Unterricht spielen die Mädchen Ringspiele beim Gesang, die Jungen bevorzugen sportliche Spiele. Die Kinder bastelten sich selber die meisten Spielsachen. Mit diesen ahmten sie ihre Umgebung nach und entwickelten ihre Beobachtungsgabe und Handfertigkeit. Das Basteln eines Spielzeugs und das Spielen damit hingen miteinander eng zusammen. Nicht das fertige Spielzeug war wichtig, sondern das Erlebnis des ,Selbermachens'. Die Erwachsenen spielten oft so mit den Kindern, dass sie inzwischen allerlei Spielzeug - Kolbenpuppe, Wagen, Wiege, Holzschwert oder Geige fertigten. Diese Spielsachen waren meistens eine verkleinerte Version von richtigem Werkzeug oder Gebrauchsgegenstand, aber das Spiel selbst diente dazu, dem Kind eine Arbeit beizubringen. In der traditionellen dörflichen Lebensweise war es unbekannt, Spielzeug zu kaufen. Die Dorfbewohner besuchten nämlich selten Läden, und Geld gaben sie nur für Salz und Paprika aus. Kinder bekamen auch selten gekauftes Geschenk, wenn schon, dann eher ein Mitbringsel vom Jahrmarkt, was ein Leckerbissen war: Lebkuchen oder Süßigkeiten. Mädchen wurden mit Mitbringsel von Wallfahrtsorten beschenkt, wie kleire Krüge oder Rosenkranz aus Lebkuchen. Diese Sachen waren gleichzeitig Spielzeug. Außer Spielzeug können wir im 20. Jahrhundert einen auffallenden Reichtum an anderen FolkloreErscheinungen beobachten: unzählige Wiegenlieder, Schlummerlieder und Ähnliche wurden von den Sammlern notiert. KINDER UND SCHULE Die Schulausbildung in Ungarn hat eine tausendjährige Geschichte. Zu Beginn fand der Unterricht in den Klöstern statt. Die Dorfkinder saßen um den Pfarrer, und lernten lesen, singen und in den Kirchenzeremonien mitzuwirken. Ab dem 16. Jahrhundert besuchten katholische und reformierte, arme und wohlhabende Kinder von kleinadligem und bäuerlichem Ursprung die Volksschulen, wo das Hauptlehrfächer Religion, Lesen und Singen waren. Die Kinder kamen sogar aus entfernten Dörfern in die Schule. Im 18. Jahrhundert entstand ein neues Erziehungsideal: Hauptziel der Ausbildung war die Vermittlung von nützlichen Kenntnissen. Rechnen war in den Städten und Marktflecken eingeführt, weil dieses Fach im Handel und im Gewerbe gleichermaßen benötigt war. Für die Dorfschulen erschienen Lehrbücher, die die Jungen mit nützlichem Wissen über die Landwirtschaft ausstatteten. Die Mädchen lernten über Haushalten nicht nur bei ihrer Mutter, sondern auch die Frau des Lehrers nahm an ihrer Ausbildung teil. Sie brachte ihnen praktische Sachen bei, wie Putzen, Nähen, Stricken, Sticken, Seife oder Essig machen, Kerzen ziehen, Öl schlagen. Das Volksbildungsgesetz vom Jahr 1868 war von grundlegender Bedeutung in Ungarn, aber auch beispiellos in ganz Europa. Es verfügt nämlich über die allgemeine Schulpflicht. Ab diesem Jahr war es für jedes Kind obligatorisch im Alter zwischen 6-12 Jahren in einer öffentlichen Grundschule zu lernen. Diejenigen, die nicht weiterstudieren wollten, besuchten noch drei Jahre lang eine „Wiederholungsschule". Während Jahrhunderte waren die Kirchen für die Ausbildungsinstitutionen zuständig, ab Ende des 19. Jahrhunderts waren jedoch bereits die Gemeinden verpflichtet, die Grundschulen zu unterhalten. Die Schulgebäude standen überall in der Dorfmitte, neben der Kirche. In kleineren Dörfern sahen sie bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts genau so aus, wie die Bauernhäuser. Die Schule war jahrhundertelang nicht nur der Ort des Unterrichts, sondern hier befand sich auch die Lehrerwohnung. Das Gesetz konnte aber nicht ohne weiteres durchgeführt werden. Die Zahl der Schulen war zu wenig und viele Dörfer waren weit entfernt. In vielen Schulräumen waren sogar 80 Schüler zusammengedrängt. Die armen Familien konnten das Schulgeld nicht bezahlen, die Kinder hatten keine geeigneten Kleider und Schuhe. Der Hauptgrund jedoch, warum die Kinder der Schule fernblieben, war, dass sie in der Familienwirtschaft arbeiten mussten. Der Unterricht von sechs Klassen fand in einem Raum statt. Die Einrichtung war einfach. Der Tisch des Lehrers stand auf dem Katheder, ihm gegenüber waren die Schulbänke aufgestellt. Auf dem Tisch waren verschiedene Hilfsmittel verstreut: die Bibel, Lehrbücher und Gesangbücher, Tintenfass, Feder, Kreide, die Haselrute zum Zeigen und zum Strafen. An der Wand hing ein Kruzifix, das Bild des Herrschers, Anschauungsmaterial und Landkarten. Die Kinder lernten schreiben und rechnen an der schwarzen Tafel und beim Abakus, oder sie schrieben auf die Schiefertafel mit dem Griffel. Wegen der Landwirtschaftsarbeit dauerte das Schuljahr vom Oktober bis Ende April. Die Kinder besuchten die Schule täglich, vom Montag bis Samstag zwischen 8 und 16 Uhr. Das Gesetz über Schulpflicht brachte seine Früchte in den 1920er, 1930er Jahren, damals nahm nämlich die Zahl der Analphabeten schnell ab. 1910 konnte 69 % der Einwohner über 7 lesen und schreiben, 1920 war der Prozentsatz 87, 1930 bereits 91 und 1941 erreichte der Anteil 94 %. Die neuen Gesetze nach dem Zweiten Weltkrieg führten ein verändertes Schulsystem ein. Ab dem Schuljahr von 1945-46 war das Schulalter zwischen 6 und 14 Jahren festgesetzt. In den obligatorischen acht Klassen war eine einheitliche Allgemeinbildung angestrebt. 1949 bewilligte das Parlament die Verstaatlichung der Schulen. Nach dem Jahr 1989 jedoch wurde das Schulsystem wieder bunt in seinem Inhalt, wie in seiner Struktur. Es gibt wieder kirchliche Schulen und Stiftungsschulen, und gesellschaftliche Organisationen oder Privatpersonen können ebenfalls Schulen unterhalten. Heute, als vor dem Schulkind die Welt - dank dem Computer - sich öffnet, und die Kinder sich unvorstellbar viele Kenntnisse erwerben können, als sie in wenigen Minuten mit Studenten auf anderen Kontinenten - dank dem Internet - Kontakt aufnehmen können, ist es schwer, uns die alte Schule vorzustellen, als die Kinder in Kälte und im Dunkel, mit ihrem umgehängten Sack den langen Schulweg zurücklegten. Wir können es kaum mehr fassen, was sie für das Wissen ertragen mussten. IM STROM DER GESCHICHTE Glückliche Kinderzeit! - seufzen die Erwachsenen. Sorglose Kinderwelt! - erinnern sich Alte und Jüngere gleichermaßen. Und in der Tat, wenn wir nur die reiche Auswahl von Spielzeug sehen, die selbstvergessen spielenden Mädchen und Jungen beobachten, die singenden Kinder hören, stellen wir uns vor, dass sie von den Sorgen der Welt, von der Zerstörung durch Krieg und Revolution, vom Strom der Geschichte unberührt bleiben. Dem ist es aber nicht so. Die Geschichte drang oft in den Alltag von Städten und Dörfern, stürzte 11