Bereczki Ibolya - Cseri Miklós - Sári Zsolt: Ház és Ember, A Szabadtéri Néprajzi Múzeum évkönyve 27. (Szentendre, Szabadtéri Néprajzi Múzeum, 2015)
FAÁR TAMARA: Kis martfűi mozitörténet
Tamara Faár A BRIEF CINEMA-HISTORY OF MARTFŰ The cinema phenomenon has been an important cultural institution and means of entertainment in towns and villages for more then a century, however, the research of the subject has been neglected by both film history and ethnography. This paper aims at providing a comprehensive picture of the rise and fall of cinemas in the 20th century by studying the case of the cinemas (especially the cinema in Martfű) in Jász-Nagykun-Szol- nok County. The creation and development of the cinema network in Hungary has clearly delimited periods. At the beginning the cinema is linked to an urban environment. Being a profit oriented enterprise, the owners of travelling cinemas preferred communities with a certain degree of urbanisation, having a good railway connection, solvent demand and an infrastructure for middle- class, lower middle-class lifestyle. The development of film technology and organisation of film rental helped to set up the institution of permanent cinemas. The frameTamara Faár work of the Hungarian cinema network had been ready by 1938. The network was nationalized in 1948; by this time the regime discovered the cinema’s potential for being used for propaganda purposes and started to develop the network. The efforts reached their climax in the 1960s, when even the most secluded village had a cinema. The expansion was terminated due to the mass spread of television and the decreasing profitability, with the consequence that many village cinemas were closed down. In the years following the change of the political regime in the 90s the majority of the cinemas in the provinces faced liquidation. A renewed habit of cinema visits, lasting even today, began with the spread of multiplex cinemas and with the opening of cinemas in shopping centres. The case of the cinema in Marftű, its reopening in 2015 proves that the cinema network in the provinces has not yet come to an end. EINE KLEINE KINOGESCHICHTE IN MARTFŰ Seit mehr als einem Jahrhundert ist das Kino eine bestimmende Kulturinstitution und Unterhaltungsform in Stadt und Dorf, seine Forschung jedoch wurde so von der Filmgeschichte, wie auch von der Ethnografie vernachlässigt. In dieser Abhandlung habe ich vor, aufgrund der Kinos im Komitat Jász-Nagykun-Szolnok (mit besonderer Beachtung des Kinos in Martfű) ein umfassendes Bild über den Aufstieg und Verfall der Kinos im 20. Jahrhundert zu skizzieren. Die Entstehung und Entwicklung des Kinonetzwerks in Ungarn haben gut bestimmbare Perioden. Das Kino war zu Beginn mit der städtischen Sphäre verbunden. Als profitorientierte Unternehmer haben die Besitzer von Wanderkinos solche Gemeinden ins Visier genommen, die schon einen Urbanisationsgrad erreicht hatten, d.h. über gute Eisenbahnverbindung, solvente Nachfrage und über die Infrastruktur einer bürgerlichen, kleinbürgerlichen Lebensweise verfügt haben. Die Entwicklung der Filmtechnik und die Verbreitung der Filmleihe ermöglichten die Errichtung von ständigen Kinos; das Gerippe des ungarischen Kinonetzes war bis zum Jahr 1938 fertig. Mit der Verstaatlichung im Jahr 1948 hat die Macht für ideologische Zwecke verwendbare Möglichkeiten im Kino entdeckt und begann mit der Erweiterung des Netzwerks. Der Gipfel wurde in den 1960er Jahren erreicht, als sogar in den meist abgelegenen Dörfern ein Kino existierte. Die Expansion hat ihre Grenzen durch die Verbreitung des Fernsehens und durch die steigenden Verluste des Kinobetriebs erreicht. Als Folge wurden viele Dorfkinos endgültig geschlossen. In den Jahren nach der politischen Wende wurde der größte Teil des Kinonetzes auf dem Lande liquidiert. Die Verbreitung der Multiplex-Kinos und der Kinos in den Einkaufszentren leiteten eine neue, bis heute andauernde Periode des Kinobesuchs ein. Der Fall des Kinos in Martfű, seine Neueröffnung im Jahr 2015 beweist, dass das Kinonetz auf dem Lande noch nicht zu Ende ist. 254
