Kerényi Ferenc: Petőfi és kora (1842–1849) (Képes bevezető a magyar irodalom világába, Budapest, 1993)
Die Ausstellung des Petőfi-Literatur-Museums umfaßt den Zeitraum zwischen Anfang und Ende der öffentlichen Laufbahn des Namensgebers: Am 22. Mai 1842 erschien sein erstes Gedicht im Druck, und am 31. Juli verschwand er als Major der ungarischen Revolutionsarmee im Getümmel der Schlacht bei Segesvár (heute: Sighisoara, Rumänien). Die vom Liberalismus geprägte ungarische nationale-bürgerliche Umgestaltung trat in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts in ihre entscheidende Phase. Dadurch verlor die Literatur ihre vorübergehend und notgedrungen führende Rolle: bestimmend wurden die Forums der Politik. In allen Literaturgattungen wurde die Frage der Tendenz zum großen Thema der Diskussionen in diesem Jahrzehnt. In der Lyrik erwiesen sich die bis dahin gefundenen Formen der nationalen Romantik als ungenügend: eine Alternative dazu bot nur die Hinwendung zur Volksdichtung. Der neue „Volksdichter" sollte also eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens sein, die die ganze Nation anspricht und nicht in Provinzialität verfallt. Sándor Petőfi war duch seine Herkunft (sein Vater war Kleinunternehmer), seine Ausbildung und auch sein Alter, seine Versuche als Schauspieler, seine Mittellosigkeit und seine autodidaktische Bildung zu dieser Aufgabe prädestiniert: Er war in den Dörfern und Kleinstädten genauso zu Hause wie in dem zur Großstadt werdenen Pest. Die Ergebnisse der Romantik standen ihm zur Verfügung. Am Anfang seiner Laufbahn und bei der Herausgabe seines ersten Gedichtbandes genoß er die Unterstützung der liberalen Literaten, ohne daß er deswegen an der Verwirklichung seiner dichterischen Revolution gehindert wurde. Sein 1844 herausgegebener Band „Gedichte", seine Epostravestie „Der Hammer des Dorfes" und die zu dieser Zeit geschriebene volkstümliche Heldendichtung „Held János" wurden durch ihre ungewohnte Aufrichtigkeit, ihre Alltagsthematik und die Erhebung der gesprochenen Sprache zur Lyrik zum Anlaß der Trennung zwischen den Vertretern der alten und der neuen Literatur. Heinrich Heine bewunderte Petőfis Werk auch wegen der oben genannten Merkmale. Petőfis Werke wurden ab 1845 zunehmend in deutschen, später tschechischen und englischen Übersetzungen auch ausländischen Lesern zugänglich gemacht. Der schnelle Erfolg hat seine Weiterenwicklung nicht verhindert, eher beschleunigt. Die Angriffe der Kritik, die Unterhaltssorgen und das Alleinsein veranlaßten ihn 1845/46 zu einem extrem romantischen Ton. Im Frühling 1846 waren die Anschauungen geprägt, durch die er seine politischen Gedanken, die Utopien der Zeit und die Ideen der bürgerlichen Umgestaltung zur Dichtung umformen konnte, und der unverwechselbare dichterische Ton herausgebildet. Petőfis reife Dichtung kann von da an nicht mehr aus einer Quelle abgeleitet werden — weder aus der Wirkung der Romantik oder der Volksdichtung, noch aus den Erlebnissen der Lektüre der Weltliteratur oder aus Wirklichkeit des ungarischen Alltags und auch nicht aus seiner Biographie. Die zunehmende Krise des Liberalismus ab 1846 hat Petőfi nicht unerwartend getroffen. Mit seinen Zeitgenossen und Gesinnungsgenossen bereitete er sich bewußt auf die große geschichtliche Aufgabe, die als unvermeidbar betrachtete bürgerliche Revolution und den nationalen Freiheitskrieg vor. Verhaltensweisen, moralische Beispiele boten ihnen die Helden der großen französischen Revolu-