Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)

Studien - Ilona Sármány-Parsons: Symbiose und distanz

er sich alle Ausstellungen der Wiener Secession angesehen habe, aber „nicht den Wiener Künstlern zuliebe, dich mich mit Ausnahme von Klimt, Moll und ein, zwei anderen kaum interessierten, sondern weil immer auch einige ausländische Vertreter der Besten der neuen Kunst eingeladen wurden, und ich das Schauspiel der Malerei und Bildhauerei der großen, weiten Welt ganz bequem studieren konnte“. Der Schriftsteller und Journalist Ludwig Hevesi, der intensiv an den Wiener kulturpolitischen Kämpfen zwischen dem Modernismus und dem konservativen Lager teilnahm, berichtete im Wiener Fremdenblatt kaum mehr von ungarischen künstlerischen Ereignissen. Die zisleitha- nischen Gebiete wurden von Wien aus - mit einer selbstverständlichen Leichtigkeit - als künstlerische Einheit be­trachtet (obgleich man die Nationalität und die lokalen Interessen der Künstler immer im Auge hatte); Prag, Krakau, Lemberg oder Czernowitz waren Wien virtuell näher als Budapest. Teil des sprudelnden künstlerischen Lebens der Wiener Secession war, dass Künstler, die nicht-österreichischer Herkunft waren, aber aus Ländern der Monarchie stammten, regelmäßig hier ausstellten, beispielsweise Tschechen, Polen, Kroaten oder Slowenen. Dabei handelte es sich meist um Gruppenausstellungen (der Vereinigung polnischer Künstler Sztuka oder des tschechischen Kunstvereins Atones), namhaftere Künstler waren aber auch mit Einzelaus­stellungen vertreten. Nur Ungarn wurden in diesen Ausstellungsräumen des modernen Geistes zwischen 1897 und 1903 nicht gezeigt. Die Wiener Secession war zu Beginn des Jahrhunderts auch ein maßgebender Schauplatz der internationalen Kanonisierung des französischen Impressionismus. Die umfangreiche Impressionismus-Ausstellung der Secession im Winter I 902/03 war für die Entwicklungsgeschichte der modernen ungarischen Malerei ebenfalls von großer Bedeutung. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatten die meisten ungarischen zeitgenössischen Maler diese Ausstellung gesehen; die Tatsache, dass die Palette so vieler im Jahr 1903 heller wurde (Károly Ferenczy, János Vaszary, Adolf Fényes), ist vermutlich auch der Möglichkeit zu verdanken, die französischen Bilder in Wien eingehend studie­ren zu können. Das Frühjahr 1903 war auch unter anderem Gesichtspunkt ein wichtiges Datum in der Chronik der modernen un­garischen Malerei. Damals trat nämlich eine Gruppe der als modern geltenden Maler das erste Mal außerhalb des eigenen Landes auf, und zwar in den eleganten Ausstellungsräumen des Wiener Kunstsalons Pisko29. Die Ausstellung wurde nach Hinweisen des Zeitgenossen Béla Lázár zusammengestellt und vielleicht hatte er auch den Schauplatz gewählt. Der Inhaber Gustav Pisko war ungarischer Herkunft,30 so ist zu vermuten, dass er und Lázár einander schon aus früheren Zeiten kannten. Die Ausstellung wurde am 8. April 1903 eröffnet und konnte einen Monat lang 87

Next

/
Thumbnails
Contents