Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)
Die stadt als artefactum - Geheimnisse der formen
Letztendlich ist es doch dumm, daß auch noch jemand anderer in meinem Kopf sitzt. Warum zum Kuckuck bin ich zu zweit? Warum ist es so, daß nicht einmal das Ich ein Atom ist, und sogar das Ego sich spaltet? Wieso nennt das Lateinische die Person Individuum, also Unteilbares? Und: - Wenn auch der Mensch, zumindest der intelligente Mensch, aus zweien besteht, warum kann ich dann mein zweites Ich nicht personifizieren? | Viktor Cholnoky: Der kleine Mensch, 1905 Das Ich ist so wenig absolut beständig als die Körper. Was wir am Tode so sehr fürchten, die Vernichtung der Beständigkeit, das tritt im Leben schon in reichlichem Maße ein... Das Ich ist unrettbar. Teils diese Einsicht, teils die Furcht vor derselben führen zu den absonderlichsten pessimistischen und optimistischen, religiösen, asketischen und philosophischen Verkehrtheiten. Der einfachen Wahrheit, welche sich aus der psychologischen Analyse ergibt, wird man sich auf die Dauer nicht verschließen können. | Ernst Mach: Die Analyse der Emp- findungen, 1886 Mich selbst kenne ich nicht: Das Wort Ich ist mir ein nebliges, rätselhaftes, tragisches Dunkel ... Doch ich kenne jemanden, der in mir wohnt, mit dem ich nie gesprochen habe, der häufiger das Wort ergreift, dreist und laut, unbekümmert darum, dass ich ihm nie geantwortet habe, dass ich mich wegen ihm schäme und Unannehmlichkeiten habe, wie wohlerzogene Eltern wegen einem Burschen, der sich in Gesellschaft unerzogen benimmt. I Frigyes Karinthy: Ich und das winzige Ich in mir, 1918