Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)
Studien - Tamás Gajdó: Im wartesaal zur weltkarriere
einer historischen Revue passenden, spektakulären Kulissen der ungestörten Entfaltung der tieferen poetischen Werte nicht allzu sehr zugute kamen - wurde das Stück in Wien doch recht positiv aufgenommen.“15 Die Idee zur Wiener Aufführung im Jahr 1934 hatte der Komponist und Musikkritiker des Neuen Wiener Tageblattes, Ludwig Kárpáth, aufgeworfen, die Übersetzung stammte von Jenő Mohácsi, die Vorstellung inszenierte der Intendant des Burgtheaters Hermann Röbbeling. Jenő Mohácsi schrieb in derselben Ausgabe der Zeitschrift Nyugat, Die Tragödie des Menschen sei auch I 903 im Vorläufer der heutigen Wiener Volksoper, dem Kaiserjubiläums-Stadttheater, zur Aufführung gebracht worden. Mohácsi war von einem älteren Mitglied des Burgtheaters darüber informiert worden, von dem er auch ein Theaterprogramm erhalten hatte. „Auf der Grundlage dieses Theaterprogramms stellte ich in den alten Ausgaben der Neuen Freien Presse fest, dass die Premiere in dem Theater unter der Direktion von Adam Müller-Guttenbrunn am I. September 1903 gewesen war“ - schrieb Mohácsi und merkte an, dass man damals die dramatische Dichtung von Imre Madách für eine Faust-Imitation gehalten hätte.16 Die Worte des Kritikers und Übersetzers zeigen deutlich, wer nach der Premiere was für wichtig erachtete. Die kurze Zusammenfassung von Jenő Mohácsi würdigte in erster Linie die Inszenierung: „Die Inszenierung von Hermann Röbbeling ist die hervorragendste Inszenierung auf der Welt. Für die vielen Tausende, die Die Tragödie des Menschen nicht kennen. Sie ist etwas naturalistisch mit recht vielen Elementen der Stilisierung. Mit projizierten Kulissen. Mit Schleiervorhang. Mit sich aus dem Dunkel entfaltenden traumartig beleuchteten Bildern. Mit schöner Begleitmusik, die sich zu keiner Zeit in den Vordergrund drängt. Mit ausgezeichneten und weniger ausgezeichneten Schauspielern, die jedoch große Kultur ausstrahlen, so wie die ganze Vorstellung. Diese Inszenierung ist für uns auch deswegen die idealste, weil sie das Stück für Fremde, einer fremden Rasse angehörende Menschen populär macht und nicht die Namen der Künstler, sondern das Werk selbst, Die Tragödie des Menschen, auf das Podest erhebt.“17 Aurél Kárpáti führte eher seine kritischen Einwände an, doch machte er als Abschluss seines Artikels die Leser darauf aufmerksam, dass mit der Aufführung von Madáchs Werk in Wien ein langgehegter Wunsch in Erfüllung gegangen sei, das Wiener Publikum Bekanntschaft mit dem Werk der ungarischen Dramenliteratur machen konnte, das man für das wertvollste hielt: „Im Großen und Ganzen ist die Wiener Aufführung eine äußerst interessante, ernstzunehmende künstlerische Leistung. Sie ist der Anerkennung und Wertschätzung würdig. Insbesondere von unserer Seite aus, die wir sehr wohl wissen, wie unermesslich viel die erfolgreiche Wiener Premiere nicht nur der Tragödie, sondern auch der Glaubhaftigkeit der gesamten ungarischen Kultur in Europa genützt hat.“18 184