Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)
Studien - Éva Bajkay: Ungarische künstler von der sezession bis zur avantgarde in Wien 1900-1936
Typus begründete. Letzteres gelangte als Teil der Mappe mit Radierungen Versuche [Kísérletek], herausgegeben von Max Hevesi aus Wien nach Budapest und hatte auch auf die Arbeiten von Gyula Derkovits oder Armand Schönberger Einfluss. Uitz wurde auch in Wien nicht zum Seelenforscher, er stellte sich selbst nahezu mit dem Blick eines Außenstehenden, mit seinem energischen Aktivismus dar, womit er den mit der Plastizität von Licht und Schatten monu- mentalisierten Prototypus der Darstellung des selbstsicheren, selbstbewussten Malers schuf. Auch die weiteren Blätter seiner Mappe, die der ungarischen Wirklichkeit entrissenen zeitlosen Frauengestalten, weisen diese besondere ungarische Mischung von Tradition und Moderne auf. Die aus vier Blättern bestehende Landschaftsserie von Hietzing durchdringt eine ganz spezielle dramatische Stimmung, die für seine Wiener Situation kennzeichnend war: Die Kraft des Sturmes, kurz davor unter dem bewölkten Himmel auszubrechen, das Pulsieren der schwarz-weißen kontraststarken Formen als Träger der unterdrückten Kräfte, bereit zum Ausbruch. I 920 hatte auch Uitz eine Ausstellung in Wien, die in den Räumlichkeiten der Organisation „Freie Bewegung“ in der Kärntnerstraße stattfand, geleitet wurde die Künstlergruppe, die sich auch für ausländische Kunst, insbesondere aus Mitteleuropa offen zeigte, von dem Architekten Alfred Loos. Uitz’ Bilder wurden gemeinsam mit den Werken von Erich Heckei gezeigt, was zugleich den europäischen Rang des ungarischen Künstlers bezeugte. Uitz hielt am 20. November 1920 auch eine Lesung zu seinen künstlerischen Zielsetzungen, das Ereignis kündigte Kassák als die zehnte MA-Ausstellung an und veröffentlichte dazu eine Einführung in der Zeitschrift. Den Erfolg von Uitz zeigt, dass der Chefredakteur von Der Abend sein großformatiges Bild Menschheit erstand. Das im Zeichen der Sorge um die Menschheit nach dem Krieg entstandene Werk stellte die spätexpressionistische Idee der Schriftsteller und Maler, die ihre Heimat verlassen hatten, kaleidoskopartig dar. Mit dem Motiv der Geburt im Mittelpunkt sprach es sich für eine Erlösung der Menschheit in Liebe aus, für den Glauben an den neuen Aufbau entgegen der Zerstörung des Krieges. Auch in der Malerei von Gyula Derkovits (1894-1934), der zwischen 1923 und 1926 in Wien lebte, tauchte das Gegensatzpaar von Leben und Tod auf. Bei ihm spiegelte diese Thematik ebenfalls die aus den historischen und alltäglichen Erfahrungen resultierenden Probleme wider, die in der Wiener Presse ausführlich diskutiert wurden.16 Das neue Symbolsystem des Kampfes um die Existenz, der Angst, der Flucht und der Klage um die Toten zeigte jedoch eher Verwandtschaft zum Nachleben des deutschen Expressionismus als zur österreichischen Kunst. 169