Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)

Die stadt als artefactum - Passagen

Als junge Männer waren für uns ein Pferderennen, eine Theaterpremiere, eine Delegationssitzung oder eine lokale Ausstellung genug, um uns in großen und lärmenden Scharen, wie die dahinziehenden Wildgänse, auf den Weg nach Wien zu machen. Die Reise selbst kostete kaum etwas, und heute können wir ruhig zugeben, was als Geständnis vor vierzig Jahren noch eine Art Vaterlandsverrat gewesen wäre: Die Lebensformen Wiens waren ruhiger, vornehmer und attraktiver als die des pubertierenden Budapest, und die Kaiserstadt war darüber hinaus voller barocker Schönheiten, Walzerpoesie und aufregender Abenteuer. | Ferenc Herczeg: Erinnerungen, 1933 Wo sind die kleinen Kaffeeausschänke, in denen die ehemaligen Chansonetten und Damen aus dem Orpheum Strümpfe strickten und den lauschenden jungen Herren von der Blauen Katze in Pest und den Flora-Sälen erzählten? Die Bürgerwohnungen in den engen Gassen, wo die Vogelbauer hingen, die blonden, stupsnasigen jungen Frauen mit Schamröte im Gesicht in einen Spaziergang unter dem Fenster einwilligten, die junge Braut am Nachmittag in der kleinen Konditorei saß und des Abends kecke Hutverkäuferinnen den Ring füllten? Wir fanden die Innenstadt von Pest in Wien, solange die Innenstadt die alte war und das „gemütliche Wien“ noch wirklich existierte. | Gyula Krúdy: Reise nach Wien, 1915 SEI BERUHIGT ALLES IN ORDNUNG WERDE SCHREIBEN KUSSE = FERI+ WIENER TYPEN - OBEN: MILCHMÄDL. IN DER MITTE: SCHLOSSERJUNGE, UNTEN: STUBENMÄDCHEN FOTO KNIZEK, 1900 (HISTORISCHES FOTOARCHIV DES UNGARISCHEN N AT IO N A L M U S E U M S)

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