Török Dalma (szerk.): Mantel der Traume. Ungarische Schriftsteller erleben Wien, 1873-1936 (Budapest, 2011)
Die stadt als artefactum - Passagen
Das heutige Wien unterscheidet sich, was die Ungarn angeht, meiner Meinung nach in Nichts von dem alten Wien, das man aus Anekdoten kennt. Auf den Wiener Straßen erkennt man den umherirrenden Ungarn ebenso, wie der Gemischtwarenhändler auf der äußeren Kerepesi-Straße den Menschen aus der Provinz erkennt... Die meisten Ungarn verspüren in der Stadt der Paläste und Plätze Missachtung und Bewunderung. Im Wintergarten des Sacher oder im Kaffeehaus Riedl haben wir allesamt das Gefühl, ein Zettel sei an unseren Rücken geklebt, auf dem geschrieben steht: wir sind die Magyaren. | Gyula Krúdy: Reise nach Wien, 1915 Man spricht über die Freundschaft zwischen Wien und Budapest? Ich kenne keine Städte, die gegensätzlicher wären. Sobald wir in Wien in die Straßenbahn steigen, erfahren wir, warum. Diese Menschen sind naiv; die Frauen verträumt, die Männer blond und stupsnäsig. Ich kann diesem meinem Eindruck nicht entfliehen. Budapest ist eine schwarze Stadt. Wien ist blond. Hier entsteht in der Straßenbahn schon nach fünf Minuten eine Freundschaft zwischen mir und dem Wagon. Der Wiener ist liebenswürdig, aber ich, der Budapesten bekomme von dieser Liebenswürdigkeit Kopfschmerzen. | Dezső Kosztolányi: Keine Städte, die gegensätzlicher wären, 1911 AUF DIESER SEITE OBEN: DIE HOFBURG UND DAS ALTE BURGTHEATER AM MICHAELERPLATZ (ÖSTERREICHISCHES THEATERMUSEUM, WIEN) AUF DIESER SEITE UNTEN: DAS HOTEL IMPERIAL AUF DEM RING (WIEN MUSEUM) GEGENÜBERLIEGENDE SEITE RECHTS: WIENER NOTIZBLATT VON GYULA JUHÁSZ, 1926 (FERENC MÓRA MUSEUM, SZEGED) GEGENÜBERLIEGENDE SEITE OBEN: DAS TEGETTHOFF-DEN KM AL AUF DEM PRATERSTERN. KILOPHOT, WIEN (HISTORISCHES FOTOARCHIV DES UNGARISCHEN NATIONALMUSEUMS) GEGENÜBERLIEGENDE SEITE UNTEN: REISEPASS VON BÉLA BALÁZS ( LI T E R AT U R M U S E U M PETŐFI, BUDAPEST) 8