Kapronczay Károly szerk.: Orvostörténeti Közlemények 194-195. (Budapest, 2006)

TANULMÁNYOK — ARTICLES - NEMES, Csaba: Beiträge zur Wechselbeziehung der deutschen und ungarischen Heilkunde im historischen Kontext

In der Konstitutionslehre hatte der ungarische Internist Bertalan Stiller (1837-1922) schon 1886 den asthenischen Habitus (Magenneurose, Ptose der Nieren, Neigung zu neur asthenischen Beschwerden) lange vor von Ernst Kretschmer (1884-1964) beschriebenen drei anderen Erscheinungsformen des Körperbaus: Athleten, Leptosome und Pykniker, beschrieben. (Kretschmers Arbeit, der Körperbau und Charakter wurde erst 1921 in Berlin veröffentlicht.) Von den 10 ungarischen Nobelpreisträgern, Richard Zsigmondy, Albert Szent-Györgyi, György Heresy, György Békésy, Jenő Wigner, Gábor Dénes, Mihály J. Polányi, György Oláh, János Harsányi und Avram Hersko (Ferenc Hersko) bekam diese hohe Auszeichnung nur Szent-Györgyi zu Hause, und auch er mußte nach dem Krieg seine Heimat verlassen, was als Hinweis auf die stiefmütterlichen Bedingungen der Grundlagenforschung in diesem Land gelten darf. In der Forschung der Zellatmung, genauer der oxidativen Reaktionskette des zellulären Stoffwechsels mit zyklischem Verlauf, gelang es Albert Szent-Györgyi (1893-1986) die zwei konträren Theorien von Otto Heinrich Warburg (1883-1970) und Hans Adolf Krebs (1900-1981) zu vereinen. Neben der Entdeckung des Vitamin C erhielt Szent-Györgyi 1937 den Nobelpreis für Physiologie und Medizin für diese Ergebnisse. Pál György (1893-1976), in Heidelberg Mitarbeiter von A. Mow, entdeckte mit R. Kuhn und Wagner-Jauregg das Riboflavin, das Vitamin B 6 und klärte die Struktur des Vitamin B 2-Komplexes auf (1930). György, mittlerweile schon Direktor der Heidelberger Kinderklinik verließ 1933 Deutschland, emigrierte in die USA und wurde zwischen 1960 und 1970 Präsident des Ärztebundes der WHO. Die Nervenbahnen des Gleichgewichtsapparates hatte Endre Hőgyes (1847-1906) entdeckt (Nervenmechanismus der assoziierten Augenbewegungen, 1881), aber dafür erhielt Robert Bárány aus der Wiener Ohrenklinik 1914 den Nobelpreis: Bárány hatte seine ungarische Abstammung stets heftig abgestritten und darf daher nicht als ungarischer Gelehrte angesehen werden. Leider wurde Hőgyes' Werk erst 1913, nach seinem Tod in deutscher Übersetzung international bekannt, nur nicht dem Nobelpreis-Komitee im Jahre 1914. Und Bárány hatte ohne Hőgyes' Namen nur zu erwähnen, den wichtigsten Teil der bis dahin nicht übersetzten monumentalen Arbeit über die Entdeckung des „labyrinthogenen Nystagmus" einfach übernommen und in seinem preisgekrönten Werk publiziert. Vergebens setzte sich R. Ewald, der Straßburger Physiologe schon früher, 1892, oder Bartels ebenfalls aus Straßburg in dem Greife's Archiv für Augenheilkunde (Band 1910-1911) für Hőgyes ein, in dem sie feststellten, daß die Verbindung der Augenmuskeln zu Labyrinth, der Zusammenhang der assoziierten Augenbewegungen (Nystagmus) zu den Kleinhirn-Nervenbahnen von Endre Hőgyes entdeckt wurden. Bárány trug mit seinem geistigen Diebstahl den Sieg davon. Dabei ist es ein kleiner Trost, daß Wilhelm Maximilian Wundt (1832-1929), der große deutsche Philosoph, Physiologe und Experimentalpsychologe in Fleidelberg aufgrund der Hőgyes' Arbeiten den fünf Sinnen noch einen sechsten des Gleichgewichts zufügte. Übrigens stammte Adam Politzer (1835-1920), Begründer der ersten Universitäts-Ohrenklinik der Welt in Wien (1873) ebenfalls von Ungarn, aus dem Dorf Albertirsa im Komitat Pest. Bis heute blieb Pulitzer's großes medizinhistorisches Werk, Geschichte der Ohrenheilkunde (Stuttgart 1907-1913) ein Standardwerk auf diesem Gebiet. Auf dem Gebiet der inneren Medizin war Sándor Korányi (1866-1944) und seine Schule europaweit führend auf dem Gebiet der Nephrologie, Kardiologie und Hämatologie.

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