Kapronczay Károly szerk.: Orvostörténeti Közlemények 186-187. (Budapest, 2004)

KÖZLEMÉNYEK — COMMUNICATIONS - DINGES, Martin: Beitine von Amim (1785-1859), eine für die Homöopathie-engagierte Patientin. Handlungsräume in Familie, Landgut und öffentlichem Raum/Politik. - Bettine von Arnim (1785-1859), egy, a homeopátia iránt elkötelezett páciens. Tevékenységi körök a családban, a gazdaságban és a közéletben/politikában

Die Choleraepidemie in Berlin bot Bettine weitere Betätigungsfelder, die in engerem Zu­sammenhang mit ihren medizinischen Vorstellungen standen. Die Cholera war bekanntlich die Skandalkrankheit des 19. Jahrhunderts, weil sie den wissenschaftlich getönten Opti­mismus der Zeitgenossen fundamental in Frage stellte. Deshalb verwundert es nicht, daß jeder, der Erfolge bei ihrer Behandlung aufzuweisen hatte, höchste öffentliche Aufmerk­samkeit gewann. 63 Während die allopathischen Ärzte den Kranken das Trinken verboten, was den letalen Ausgang der Krankheit nur beschleunigen konnte, verordnete Hahnemann die rechtzeitige Einnahme von mit Wasser verdünntem Kampferspiritus. 64 Unter den ho­möopathisch behandelten Kranken starben deutlich weniger Patienten als bei den allopathi­schen Ärzten. 65 Sicher ist auch aus heutiger Sicht, daß die homöopathischen Ärzte weniger falsch machten als ihre Konkurrenten, weil sie den Patienten das Trinken nicht verbaten. 66 Die Homöopathen machten ihre Vorgehensweise durch entsprechende Schriften breit be­kannt. 67 Jedenfalls markierten die Erfolge bei Bekämpfung der Cholera 1831 den Zeit­punkt, zu dem der Homöopathie der Durchbruch in der öffentlichen Meinung gelang. Was genau Bettine - etwa im Sommer 1831 - von diesen größeren Zusammenhängen wußte, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls war sie in der preußischen Flauptstadt am richtigen Ort, um den letzten Stand der öffentlichen Diskussionen früh zu kennen. Weil sie generell der Homöopathie höhere Wirksamkeit zutraute, verschaffte sie nun auch den von der Cholera eingeschüchterten Berliner Armen homöopathische Medikamente. Sie schreibt über sich selbst in einer späteren Erklärung für die Presse: ,ßs war im Jahr der Cholera, wo sie [also Bettine] zum ersten Mal und zwar ohne Vorbedacht mit den verschiedenen Gilden hiesiger Stadt in Berührung kam; dies geschah auf so natürlichem Weg, daß sie gar nicht den bisher so beschränkten Kreis, worin sie sich bis dahin bewegt hatte, verlassen zu haben meinte, als die Proletarier der ganzen Stadt von dem verehrlichen Müllergewerk an durch alle Farben hindurch bis zu dem der Schornsteinfeger morgens vor Sonnenaufgang schon ihre Thüre belagerten, um die wohltätigen Mittel der Homöopathie, Bella Donna als Präservativ gegen die Cholera, sich zu holen. Wie man auch von dieser Heilmethode noch heute [=1847] urtheilen mag, so mag wohl die Sicherheit, mit welcher diese Mittel von ihr vertheilt worden sind und zugleich die Bedingungen, unter welchen diese allein wirksam sein konnten, nämlich der Mäßigkeit in allen Beziehungen, nicht wenig zur Gesundheit und zur Beschwichtigung der aufgeregten Gemüther beigetragen haben; wie dies auch daher zu entnehmen ist, daß nach dieser Schreckenszeit verschiedne dieser Gilden ihr eine Deputa­tion schickten mit Danksagungen, weil kein einziger von ihnen von der furchtbaren und mehr noch gefürchteten Krankheit befallen worden war." 68 Der Text zeigt sehr schön, wie sich Bettines Aktionsraum unmerklich weitete: Durch die Gratisverteilung von Medikamenten kamen immer mehr arme Leute an ihre Iíaustüre; bi Dazu zuletzt Briese, O.: Angst in den Zeiten der Cholera. Berlin, 2003. 64 S. z. B. Hahnemann, S.: Sendschreiben über die Heilung der Cholera. Berlin, 1831, II f, (nach Juni 1831); ders.: Sicherste Heilung und Ausrottung der asiatischen Cholera. 4. Aufl. Leipzig, 1831, 7 f, (nach August 1831) 65 Scheible, K.-F.: Hahnemann und die Cholera. Heidelberg, 1994, 70 ff. 66 Die Frage, ob auch die Medikation fVir das bessere Ergebnis ursächlich war, kann hier offen bleiben. 67 Scheible, 60 ff. 68 Meyer-Hepner, 167. Diese Fresseerklärung von Bettina ist von 1847, also eine nachträgliche Darstellung der Ereignisse. Vgl. Dettke, 258.

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