Varga Benedek szerk.: Orvostörténeti közlemények 147-148. (Budapest, 1994)
TANULMÁNYOK - ESSAYS - Kaiser, Wolfram: Das ungarische Medizinstudium des 18. Jh. an der Universität Halle
meine Versorgung war für die Zöglinge dieser Anstalten auch dann gesichert, wenn sie zur Hochschule überwechselten; als Hilfslehrer an den Franckeschen Anstalten konnte man sich sogar noch einen kleinen Zuverdienst sichern. Es waren selbstverständlich in erster Linie Theologen, die sich in dieser Form der Franckeschen Subventionierung bedienten. Ein ab 1705 geführtes und erhalten gebliebenes Freitischler-Büchlein führt die Namen dieser Zöglinge, unter denen sich u.a. auch Matthias Bél (1684—1749), der später bedeutsam gewordene ungarische Polyhistor befand. Eine derartige Organisation des Dirigierens und der Betreuung ungarischer Absolventen in Halle wäre freilich kaum möglich gewesen, hätten nicht in Ungarn im Hintergrund Personen gewirkt, die diesbezüglich planmäßig vorgingen, sicherlich auch Empfehlungen nach Halle mitgaben und dafür sorgten, daß die Delegierung auch an den richtigen Studienanwärter ging. Derartige Kontaktpersonen in Ungarn nebst Transsylvanien waren vor allem Matthias Bél in Pozsony, Karl Otto Moller in Besztercebánya, der Prediger Andreas Torkos (1669—1737) in Győr und der als Kollegiumsdirektor in Nagyenyed tätige Franz Páriz-Pápai (1649—1716). Die Söhne dieser Francke-Korrespondenten haben sämtlich in Halle studiert und sicherlich ebenfalls dazu beigetragen, daß der Zustrom nach Halle auch in der nächsten Generation nicht abriß. Man darf davon ausgehen, daß mancher dieser Ungarn-Studiosi zu den Nachfahren deutscher Ungarn-Immigranten zählte und mehrsprachig aufgewachsen war, so daß es mit der Umgangssprache in der Fremde keine sonderlichen Probleme gab. Die Unterrichtssprache an der Hochschule war ohnehin das Lateinische, in dem man sich bei Bedarf während der halleschen präakademischen Ausbildung perfektionieren konnte. Es kamen aber auch viele Studenten rein ungarischer Herkunft, bei denen man sprachliche Startschwierigkeiten unterstellen mußte und denen man diesbezüglich behilflich sein wollte. Aus diesem Grunde gab Matthias Bél in seiner Heimat 1718 die Institutiones linguae Germanicae in gratiam Hungaricae iuventutits in den Druck. Eine vermehrte Auflage kam in Halle heraus, wozu es in der Tagespresse hieß: ,,Die Ausländer welche neben ihren andern Studiis auf hiesiger Friedrischs-Universität sich auch auf die reine hochteutsche Sprache gelegt, haben in denen bisherigen deutschen Grammaticken nicht völlige Satisfaction gefunden, noch ihren Endzweck erreichen können, man hoffet aber daß diese gegenwärtige ihnen ein besseres Vergnügen leisten werde." 19 Die Empfehlung, sich der Bélschen Grammatik zu bedienen, die zwischenzeitlich von einem ungarischen Halle-Studiosus überarbeitet worden war, wurde an gleicher Stelle wie folgt begründet: ,,Es haben sich von Anfang der hiesigen Universität iederzeit eine ziemliche Anzahl von Ausländern gefunden, welche der Deutschen Sprach nicht so mächtig gewesen sind, daß sie bey dem hier gewöhnlichen Deutschen Vortrag in Collegiis nach Wunsche fortkommen können; dahero ... hat man gerne gesehen, daß die Belische Institutiones auf Veranlassung eines gewissen hier studierenden Ungarischen Cavalliers hier aufgelegt, und mit nützlichen Anmerckungen versehen worden. Man wird im Augenschein selbst befinden, daß denen Hauptschwierigkeiten, welche bey dem genere Nominum, bey den Declinationibus und so ferner den Ausländern im Wege gelegen, ziemlicher massen weggeräumt seyn; und man also diese Institutiones bequemer als alle andre brauchen könne." 20 Die Vielzahl der Dotationen und Gratifikationen sowie das Sich-Kümmern u.a. auch um das Sprachproblem wurde sicher von den anreisenden Ungarn als äußerst wohltuend empfunden. Es galt allen und nicht nur den Theologen, und so überrascht es nicht, daß auch die nach Halle gekommenen Mediziner daran partizipierten. Erstaunlich ist eher die große Zahl. Hatten doch, wie im Zusammenhang mit der Aussage im Viatorium von David Frölich bereits erwähnt, die medizinischen Fakultäten der deutschen Universitäten eine bescheidene Rolle gespielt, wenn man die Chance hatte, sein Studium in Bologna oder Padua, in Paris oder in den Niederlanden durchzuführen. Man denke hier nur an das Klassement 19 Wöchentliche Hallische Frage- und Anzeigungs-Nachrichten vom 12. Juni 1730. 20 ebendort, 25. Dezember 1730.