Varga Benedek szerk.: Orvostörténeti közlemények 145-146. (Budapest, 1994)
TANULMÁNYOK - ESSAYS - Vollmuth, Ralf: „Von den geschosszenen wunden". Die Behandlung von Schußwunden in deutschsprachigen chirurgischen Werken des 15. Jahrhunderts
in England und Italien als Treibmittel für Geschosse, d. h. nicht nur als Brandsatz oder Kriegsfeuer ohne Nutzung der Treibkraft, verwendet worden sei. 5 Schmidtchen, der nicht zu Unrecht die Feuerwaffe als ,,die wohl folgenreichste technische Entwicklung in der Geschichte des Kriegswesens" 6 betrachtet, stellt weiterhin fest, daß die „Entdeckung des 'Schießens' " nicht genau zu lokalisieren sei und sich die Feuerwaffen in Europa sehr unterschiedlich entwickelt hätten: abhängig von den technischen und handwerklichen Voraussetzungen, der Möglichkeit der Rohstoffbeschaffung, finanzieller und politischer Potenz sowie der Umsetzung im Kriegswesen war im 15. Jahrhundert die effiziente Nutzbarmachung der Feuerwaffen als Mittel der Kriegführung zunächst auf einige wenige Gebiete wie Frankreich, Burgund, den Deutschordensstaat und das Osmanische Reich beschränkt und wurde erst im 16. Jahrhundert bestimmend für die Entwicklung des Kriegswesens. 7 Die ersten Handfeuerwaffen — und diese sind es, die aufgrund ihres Kalibers und des Eindringens eines Geschosses in den Körper für den Themenkomplex Schußwunden Bedeutung besitzen — sind für Europa erstmals 1364 (Perugia) und für Deutschland 1379 (Regensburg) nachgewiesen, 8 und um die Mitte des 15. Jahrhunderts sind derartige Handbüchsen mit einem Kaliber von 1 bis 1,5 Zentimeter (die von den größeren und schwereren Hakenbüchsen, die ein Kaliber von 1, 8 bis 2,7 Zentimeter aufwiesen, unterschieden werden müssen) in fast allen einschlägigen Quellen belegbar. 9 Verschossen wurden mit diesen Büchsen Bleigeschosse, wobei das Prinzip der Zündung und damit auch die Handhabung kontinuierlich verbessert wurden von der Loseisenzündung über die Luntenzündung und das Luntenschloß in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts bis hin zum Luntenschnappschloß gegen Ende des 15. Jahrhunderts. 10 Die Bedeutung für die Schlacht blieb zunächst jedoch gering, da aufgrund einer wirksamen Kampfentfernung von 30 bis 50 Metern und der nötigen Zeit zum Nachladen 11 der Zweikampf innerhalb der aufeinandertreffenden taktischen Formationen dominierte. Innerhalb der Hauten dürfte ein Nachladen (und damit eine ausreichende Schußfrequenz, um den Kriegsknechten angemessenen Schutz zu gewähren) kaum möglich gewesen sein, und ein Beschuß durch außenstehende Schützen mußte zwangsläufig auch die im Nahkampf befindlichen eigenen Knechte gefährden, weshalb auch dies unwahrscheinlich ist; ein Einsatz von Feuerwaffen — sowohl der Handfeuerwaffen wie auch der Artillerie — dürfte daher nur in der ersten Phase des Gefechtes, also der Annäherung der Kriegshaufen auf kurzer Distanz, möglich gewesen sein. 12 Beim Einsatz der neuartigen Waffen kam es nun, wie eingangs schon angedeutet, zu einfachen oder polytraumatischen Verletzungen durch die Geschoßwirkung der Feuerwaffen, die jedoch wohl mit vorher bekannten Verletzungsformen, etwa durch Pfeile, Armbrustbolzen u. ä., vergleichbar waren. Der eigentlich neue Aspekt lag darin, daß diese Geschosse nicht durch eine Mechanik, sondern durch die Explosivwirkung des Schießpulvers getrieben wurden. Dieses Schießpulver bestand aus Natriumsalpeter oder dem für die Pulverherstellung besser geeigneten Kalisalpeter als Hauptbestandteil, aus Schwe5 Schmidtchen (1990), S. 193 6 Schmidtchen (1990), S. 20, vgl. ebenda auch S. 99. 7 Schmidtchen (1990), S. 20—21. Zu Entwicklung und Technik der ersten Geschütze, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, vgl. etwa Schmidtchen (1990), S. 194—206. 8 Schmidtchen (1990), S. 206. Vgl. auch Frölich (1890), der das Einsetzen der Handfeuerwaffen ebenfalls auf die Zeit nach der Mitte des 14. Jahrhunderts festlegt und die ,, Annahme der Feuerwaffen" als „eine allgemeine und ausschliessliche" ans Ende des 17. Jahrhunderts legt (S. 198). 9 Schmidtchen (1990), S. 207 10 Schmidtchen (1990), S. 208—209. Vgl. zur Geschichte der Feuerwaffen in der Landsknechtszeit als Überblick auch Ortenburg (1984), S. 48—78. Zum Terminus „loseisen" vgl. mhd. „lazen" (nhd. , Jössen") 'feuern'; sieh G. Keil, Heinz Schaub, in: VI?, VIII (1992), Sp. 608: „laz-pulver". 11 Schmidtchen (1990), S. 210 12 Sieh dazu Vollmuth (1991), S. 111—113. — Bemerkenswert ist, daß noch im 15. Jh. der oberdeutsche Autor der „Taktik der Fehde" den Einsatz von Handfeuerwaffen bei Scharmützeln im Felde ablehnt; vgl. den entsprechenden Artikel von G Keil im Verfasserlexikon IX (1994).