Varga Benedek szerk.: Orvostörténeti közlemények 145-146. (Budapest, 1994)

TANULMÁNYOK - ESSAYS - Vollmuth, Ralf: „Von den geschosszenen wunden". Die Behandlung von Schußwunden in deutschsprachigen chirurgischen Werken des 15. Jahrhunderts

sen einen Speckmeißel für 1-2 Stunden in der vorgenannten Flüssigkeit und legt ihn in die Wunde ein. Danach wird der Patient mit einem Wundtrank und einem Pflaster versorgt 125 : ,,XXIII. Item wan einer pulver in der wonden hat, das im we tut vnd nit geleschet ist. Vnd ist es im in einem arm oder in einem schenckel, das es nit inwendig oder noch tzu dem leben wirt, so nym das wasser, das vber jor an dem kaboß kraut 126 in den brenten 127 ist. Vnd es lescht im von stund an on al­len schaden. Ist er aber in dem übe wandt, so geuß es im nit dorein. Du im also: Nym ein reinbergin speck vnd mach doruß ein maysel zwin oder dry so lang als du meinst das das pulver raich. Vnd leg den maysel in das vorgeschriben wasser j stund oder ij vnd scheub im dan in die wonden, doch nit zu naß. So leschestu im das pulver von stund an. Vnd gib im das tranck vnd leg im die pflaster doruber wie vorgeschriben stet." m Der Hamburger Codex enthält also sehr eingehende Ausführungen zum Thema Schußwunden, die jedoch nicht von einem Verfasser stammen: so sind die ersten Äußerungen und Rezepte recht differen­ziert, sie enthalten eine Vielzahl von Substanzen, deren Wirkmechanismen (zumindest größtenteils) nachvollziehbar sind, während der letzte Abschnitt dadurch aus dem Rahmen fällt, daß die Vorgehens­weise einfacher strukturiert ist und der Autor nun nicht mehr der Vergiftungs-, sondern vielmehr der Verbrennungstheorie verpflichtet ist. Zusammenfassend kann hinsichtlich der Schußwundenbehandlung des 15. Jahrhunderts festgestellt werden, daß die Reduktion auf die drei Autoren Heinrich von Pfalzpaint, Hieronymus Brunschwig und (für das beginnende 16. Jahrhundert) Hans von Gersdorff als überholt und dem heutigen Kenntnis­stand in der medizinischen Fachprosaforschung nicht mehr angemessen erscheinen kann. Die zum großen Teil von der Gerhard-Eis-Schule erschlossenen und (neben der „Wündärznei" Heinrichs von Pfalzpaint) von mir herangezogenen medizinischen Quellen von Franz Gigelin, Hilbolt, Johann van Seghen und Thomas von Wasserburg bzw. Klaus von Matrei aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhun­derts machen anschaulich, daß Schußwunden schon deutlich vor 1500 als therapeutische Herausforde­rung erkannt wurden und ihre Behandlung spätestens mit dem Burgunderkrieg 1476/77 — wie auch die häufige Erwähnung dieses Ereignisses bei den verschiedenen Verfassern zeigt — Einzug in das gängige Rüstzeug damaliger Wundärzte hielt. Die inhaltliche Analyse der Rezepte, die in dieser Studie nur ansatzweise vorgenommen werden konnte, macht zudem deutlich, daß viele der empfohlenen Therapiekonzepte und Zubereitungen auch nach heutigem Wissensstand durchaus sinnvoll erscheinen bzw. daß man ihnen zumindest eine poten­tielle Wirksamkeit nicht absprechen kann — man denke hier beispielsweise an die bei Heinrich von Pfalzpaint einschlägige Drainage der Schußwunde bei drohender Serom- bzw. Hämatombildung, die Verwendung von Hautreizmitteln (insbesondere Ätherischen Ölen und Gerbstoffen mit ihren entzün­dungshemmenden, antiseptischen und schmerzlindernden Wirkungen) bei der Lokalbehandlung sowie an viele der Wundtränke, die zum Teil auch heute noch gebräuchliche Teedrogen enthalten und vielfach die Körperfunktionen unterstützt, Komplikationen vorgebeugt und so auch zu einer verbesserten Ab­wehrlage und besseren Genesung beigetragen haben dürften (wenngleich die Gefahr der Nebenwirkun­gen nicht vergessen werden darf). Es wird allerdings auch deutlich, daß eine abschließende Bewertung — insbesondere der medikamentösen Therapie — kaum möglich ist; hier könnten nur die Herstellung und chemisch-pharmazeutische Analyse der Rezepturen (im Sinne einer „experimentellen Medizin­geschichte") zu befriedigenden Ergebnissen führen. 125 Der entsprechende Verweis im Kapitel XXIII dürfte sich auf die vorangehenden Kapitel XX bis XXII a-c mit den dort beschriebenen Rezepten beziehen (Knapp [1954], S. 31—33). 126 Nach Knapp (1954), S. 101, 'weißer Kopfkohl'. 127 Nach Lexer (1872—78), I, Sp. 349, 'hölzernes Gefäß'. 'Bottich'. Vgl. Knapp (1954), S. 115: 'ein weites Wasserge­schirr'. 128 Knapp (1954), S. 33.

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