Magyar László szerk.: Orvostörténeti közlemények 133-140. (Budapest, 1991-1992)
TANULMÁNYOK — ESSAYS - Vida, Mária: Die Heilige Elisabeth und die Betreuung der Aussätzigen in den Legenden und den ikonographischen Andenken des mittelalterlichen Ungarns
Dem Leprakult in Ungarn lagen allgemeine epidemiologische und konkrete heimische Umstände zu Grunde. Leben und Tätigkeit der Elisabeth fallen mit der Epoche der im 13. Jh. kulminierenden großen europäischen Lepraepidemien zusammen. Laut Mattheus Parisius' Chronik funktionierten in jener Zeit in Europa 19000 Leprosorien. Seine Daten werden durch zahlreiche Beispiele untermauert: z. B. das Testament des französischen Königs, Ludwigs VII., in dem er an 2 000 Leprosorien 10 000 livres, oder Ludwig IX. (1270), der an 8 000 Leprosorien 2 000 livres hinterließ. 32 Von dem in 1260 abgehaltenen Londoner Konzil an kommt die Isolierungsfrage widerholt auf die Tagesordnung. Rechte und Pflichte eines Leprosen sind in der Arbeit von Philippe de Beaumanior „Contumes de Beauvaisis", klausuriert worden. Da der Leprose für die Welt ein Toter wurde, hatte er letztwillig verfügen müssen. Er hatte in einem örtlichen, dem Bischof oder dem Grundherrn unterstellten Leprosorium zu leben. Die Städte wurden ihnen verboten, da es der Zweck eines Leprosoriums die Gesunden vom Leprosen zu hüten sei. 33 Was ihre Funktion anbelangt, hatten sich die Leprosorien von allen anderen Hospitälern, Xenodochien, Armenhäusern dadurch unterschieden, daß der Kranke hierher nicht aus freiem Willen, sondern auf Befehl kam, nicht um etwa gesund zu werden, sondern sein übriges Leben nach strengen mönchischen Regeln zu beenden. Diese Institutionen können in aller Ruhe „Konzentrationslager" genannt werden. Und da die Heilung hier eine Selbstaufopferung erforderte, und sie wegen Nichteinhalten entsprechender hygienischer Vorschriften auch eine Infektionsgefahr in sich trug, war diese Aufgabe nur von Mitgliedern der heilenden Mönchsorden angenommen worden. Die Heilige Elisabeth hatte die Leprosen de facto gepflegt, und — als Verehrerin des Heiligen Franziskus von Assisi — hatte sie ein Gelöbnis abgelegt. Nach dem 2-ten Reglement des Heiligen Franziskus, der in den Anfängen in dem Ordenshaus zu Gubbio Leprosen pflegte, haben seine Bekenner Almosen zu sammeln, und sich darauf zu freuen, daß sie unter Kranken, Armen, Leprosen und Straßenbettlern leben dürfen. 34 Diese Auffassung hat sich in Europa und auch in Ungarn verbreitet, wo die Heilige Elisabeth geboren wurde, wo ihr Bruder regierte, wo der Kult des Heiligen Franziskus von König Béla IV. und allen anderen Königen des Arpád'schen Königshauses weitgehend gepflegt wurde. Auf den heimischen kulturhistorischen Wert des Bildlegendariums, welches nach Planen und Vorstellungen des aus dem Anjou-Haus stammenden Károly Róbert (1308—1342), zwischen 1320—1342, vielleicht von Meister Hertul angefertigt wurde, wies ich in Die Heilige Elisabeth aus dem Arpád'schen Haus im Leprosorium. 14. Jh. [Ein Relief am nördlichen Portal der H. E.-Kathedrale zu Kaschau (Kassa, Kosice)] 32 Zubriczky, A.: Az európai leprajárványok története (Geschichte der europäischen Lepraepidemie). Bp. 1924. 6.; Duchesne: Hist. Franc. Script. V. 314.; Ord. des rois de France. XI. 324 33 Salmon Ausgabe 1900. 2. Bd. 327 34 Kybal: Die Ordensregeln des h. Franz. 1915. 62, 66