KISS ATTILA: DAS RÖMERZEITLICHE WAGENGRAB VON KOZÁRMISLENY (UNGARN, KOM. BARANYA) . MIT EINEM ANHANG VON SÁNDOR BÖKÖNYI DIE PFERDESKELETTE DES RÖMISCHEN WAGENGRABES VON KOZÁRMISLENY / Régészeti Füzetek II/25. (Magyar Nemzeti Múzeum Budapest, 1989

VII. ANHANG - S. BÖKÖNYI: DIE PFERDESKELETTE DES RÖMISCHEN WAGENGRABES VON KOZÁRMISLENY

Unsere Kenntnisse über die Pferdehaltung des römerzeitlichen Pannoniens sind verhältnismäßig reich. Dies ist in erster Linie jener Tatsache zu verdanken, daß in der Provinz Reitertruppen in großer Zahl stationierten und daneben die Pferdehaltung dort traditionell hochentwickelt und bedeutend war (damals vielleicht vorerst für die Ersetzung des Pferdebestandes der Armee, aber offensichtlich auch für Exportzwecke). Deshalb kommen Pferde­knochen in den dortigen Fundorten häufig vor, die von dem Gesichtspunkt der biologischen Rekonstruktion der damaligen Pferdepopulation als primäres, biologisches Qu ell enm ate rial zählen. Die Auswertung dieses Knochenfundmaterials wurde auf verschiedenen Niveaus und bis verschiedenen Tiefen eindringend schon durchgeführt (Bökönyi, 1974, 257 ff; 1981, 47; 1984, 55 ff; 1986). Neben diesen beschäftigte sich auch eine auf archäologische bzw. historische Quellenmaterialien stützende Dissertation (Pető, 1966) mit den römerzeitlichen Pferden Pannoniens. Es war feststellbar, daß — abgesehen von einigen kleinwüchsigen Pferden, die aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem „Keltenpony" identisch sind — die große Mehreit der römerzeitlichen Pferde Pannoniens — was minde­stens die Widerristhöhe betrifft — die Pferde der vorhergehenden Zeit ebenso wie die der römischen Kaiserzeit folgenden Völkerwanderungszeit überschritten haben. Der Unterschied in der Widerristhöhe machte nahezu 10 cm aus. Übrigens können ähnliche Erscheinungen auch in anderen Provinzen des Römischen Reiches beobachtet werden. Erst hat Hilzeimer (1924, 151) großwüchsige, die Größe der heutigen Kaltblutpferde fast erreichende „Militärpferde" aus Germanien beschreiben. Wie es aber vom Pferd der am Capitol von Rom stehenden Reiter­statue des Kaisers Marcus Aurelius bewiesen werden konnte, waren diese Tiere keine echten Kaltblüter, denn ihre Beine waren schlank (die runde Körperformen des Kaiserpferdes stammen offenbar von Überfütterung) und die für die echten Kaltblüter so charakteristischen, langen Fesselhaare kommen bei ihnen auch nicht vor (Bökönyi, 1974, 263; 1984,62). Ähnliche großwüchsige Pferde wurden von einer Reihe weiterer Autoren aus verschiedenen Provinzen des Römischen Reiches — neben den kleinwüchsigen örtlichen (keltischen, illyrischen, germanischen, usw.) Rassen beschrieben. Es ist überfüßig, sie alle hier aufzuführen, es scheint genug die unterstehenden Autoren zu erwähnen: Boessneck (1957, 1964), Habermehl (1957), Poulain-Josien (1961-62), Ehret (1964), Waldmann (1966), Clason (1967), Müller (1967), Mennerich (1968), Sauer-Neubert (1968), Hammer - Jaeger (1969), Hornberger (1970), von Houwald (1971), Streitferdt (1972), Nobis (1973), Piehler (1976), Swegat (1976), Luff (1982). Diese plötzliche und beträchtliche Größenzunahme der Römerpferde — da man weder mit klimatischen, noch mit umweltlichen Faktoren in dieser Hinsicht rechnen kann — war offensichtlich der Erfolg jener zielbe­wußten züchterischen Arbeit, die zu diesem Ziel die unzähligen Lokalrassen der damals bekannten „Welt" auf­nützte. Gerade deshalb kann man mit einer Rasse von einer einheitlichen Schädel- und Wuchsform nach dem heutigen Forschungsstand und -material augenblicklich noch nicht rechnen, es ist aber doch nicht ausgeschlossen, daß jene Stufe unserer Kenntnisse noch nicht erreicht werden kann. Heutzutage ist die Hauptcharakteristik der Römerpferde, daß sie größer als die der früheren und der nachfolgenden Perioden waren. Ob dann Luffs An­nahme, daß die in römischen Zivilsiedlungen gehaltenen Pferde größer sind als die der Militärstationen (Luff, 1982, 256), bedarf noch auf jeden Fall einer Bestätigung. Jedenfalls scheint Pannonién als eine der besten Pferdehälter-Provizen des Reiches zu sein, wobei eventuell auch die skythischen Traditionen mitgewirkt haben. Die dort gehaltenen Pferde zählten zu den groß wüchsigsten Individuen des Zeitalters, manche hatten eine Widerristhöhe von über 160 cm (Bökönyi, 1984, 63). Es entstand sogar der Gedanke, wofür diese großen Pferde aus Mangel an Steigbügeln genutzt worden sind? Es ist leicht möglich, daß sie vielleicht die Rolle eines Statussymbols spielten; in diesem Fall geraten sie offen­sichtlich nicht zu den Grenzwächter-Cohorten, sondern vielmehr zu einem italienischen Export. Und diese Pferde konnte auch nicht in die Rassengruppe der schweren Kaltblüter eingereiht werden, was dadurch gut bewiesen wurde, daß unter den römerzeitlichen Pferden von Täc—Gorsium nicht ein einziges in die Gruppe der dickbeinigen Pferde nach Brauner's Aufteüung (Brauner, 1916) fiel und nur zwei von ihnen leicht dickbeinig, alle anderen (96,6%) ausgesprochen schlankbeinig waren (Bökönyi, 1984, 63, Taf. 16). Unter den römerzeitlichen Pferden nehmen die zwei im Hügelgrab 2 von Värpalota-Inota freigelegten Pferdeskelette eine besondere Stelle ein. Sie waren zweifellos zusammengehörende Wagenpferde und als solche stimmten sie nicht nur hinsichtlich ihrer Körpergröße (ihre Widerristhöhen waren aufgrund des Durchschnitts der Röhrenknochenlängen 145,0, bzw. 145,5 cm), aber auch in ihrer Wuchsform und den Proportionen ihrer verschiede­nen Extremitätensegmente vollkommen überein. Das letztere läßt auf einen sehr ähnlichen, vielleicht völlig gleichen Bewegungstyp schließen, was bedeutet, daß die zwei Pferde ein ideales Wagenpferd-Paar bildeten (Bökönyi, 1981, 53

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